Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen:
Manchmal hat man den Eindruck, dass wir in Zeiten einer Seuche leben, die längst auch das Denken befallen hat. Eiferer und Meinungsterroristen lauern an jeder Ecke, um wie Werwölfe jede*n anzufallen, die oder der nicht so denkt wie man selbst. Schon das bloße Dasein kann mitunter missverstanden werden als Statement gegen einen Diskurs, der um die Deutungshoheit kämpft. Wir müssen uns also wappnen. Eine Welt wie diese hat schon einmal vor mehr als einem halben Jahrhundert der französische Philosoph und Schriftsteller Albert Camus in seinem Roman „Die Pest“ geschildert, der 1947 an der Schwelle zum Kalten Krieg erschien: die Geschichte einer Gesellschaft, die von der Pest heimgesucht wird, mit der sie sich alsbald arrangiert. Camus’ Romanstoff ist für ein Team um den Schauspieler und Regisseur Fabian Gerhardt nun die Grundlage für einen Theaterabend geworden, der diese Woche im Theaterdiscounter Premiere hat.. Gemeinsam mit Studierenden des 3. Jahrgangs Schauspiel der UdK und auf der Basis der Romanbearbeitung der Autoren Giorgi Jamburia und Lars Werner vom Studiengang Szenisches Schreiben der UdK, wird eine ganz eigene Stück-Welt versprochen, die vom Einfall der „Seuche“ geprägt ist. (Theaterdiscounter, 30. 6.-4. 7. ,20 Uhr).
Die Ankündigung der Inszenierung „The Last Goodbye / Vibrant Matter“ im HAU von und mit dem großen Benny Claessens ist in einem derartig unverständlichen Kurator*innenkauderwelsch verfasst, dass man ihn eigentlich gar nicht empfehlen dürfte. Einfach, um die Verfasser*innen von solchem Geschwurbel zu ärgern. Andererseits hilft (Ver)Schweigen in der Regel wenig. Es kann vielleicht auch Benny Claessens gar nichts dafür, wie seine Produktion angekündigt wird, weshalb hier nun also trotzdem darauf verwiesen wird. In der Regel ist der Mann nämlich ein Naturereignis (HAU, 29. 6.-2. 7., jeweils 19 Uhr).
Ereignisse sind auch der Tänzer Rudolf Nurejew und der Schriftsteller Truman Capote gewesen. Der Schriftstellerin Elke Heidenreich zufolge sind beide Männer sich auch wirklich begegnet. Allerdings hat sich auf der Party, wo das geschah, der Nurejew eher für einen Hund namens Oblomow interessiert. So zumindest steht es in dem Buch „Nurejews Hund“ auf dessen Basis im Deutschen Theater eine höchst eigene Lesung mit Simone von Zglinicki, drei Saxofonen und einem Klavier stattfinden wird, die die wundersame Geschichte in eine Wolke aus Sprache und Musik von Barock- bis Jazz- und Beatmusik tauchen werden (DT Bar: „Nurejews Hund“, 29. 6., 22 Uhr, 30. 6., 21.30 Uhr).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen