Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen:
Jeff Koons, das war DER Künstler der 80er Jahre, dieses Rokokos des alten Westens, wo damals die These dominierte, das Ende der Geschichte sei erreicht. Koons war der Mann, der unter anderem Michael Jacksons Affen-Bubbles als kostbare Porzellanfigur modellierte. Der mit dem italienischen Pornostar Cicciolina verheiratet war (die bürgerlich als Ilona Staller in Budapest das Licht der Welt erblickte). Den gemeinsamen Sohn nannte man Ludwig. Nach Ludwig von Bayern, dem legendären König, der zwischen Kunst und Leben keine Unterscheidung mehr dulden wollte. Koons bezeichnete das Kind in Interviews auch als biologische Skulptur, sein größtes Werk sozusagen. Da aber war das Jahr 1989 bereits über alle Thesen und Spesen vom Ende der Geschichte hinweggerollt. Der Schriftsteller Rainald Goetz, auch so eine Ikone der 80er Jahre (zumindest im deutschsprachigen Raum) hat sich 1998 des Stoffs angenommen und das Theaterstück „Jeff Koons“ daraus gemacht, 1999 von Stefan Bachmann uraufgeführt. Inzwischen ist der Tsunami der Bilder noch angeschwollen, zwischen der Wirklichkeit und ihren Bildern, Fake und News noch schwerer zu unterscheiden. Manchmal könnte man denken, dass es hinter den Bildern gar keine Wirklichkeit, sondern nur noch Leere gibt. Jetzt hat an der Schaubühne die in den 80er Jahren geborene Regisseurin Lilja Rupprecht das Stück neu angeschaut und inszeniert(Schaubühne, Premiere: 7. 6., 19.30 Uhr).
Manches Phantom jedoch entpuppt sich am Ende als realer, als man zunächst dachte. Einen solchen Fall verhandelt das Stück „Phantom (Ein Spiel)“ von Lutz Hübner und Sarah Nemitz, das in dieser Woche am Grips Theater herauskommt. Es geht um ein Baby, das nach Dienstschluss in einem Fastfood-Restaurant gefunden wird und möglicherweise von einer verzweifelten geflüchteten Frau dort abgelegt wurde (Grips Theater: „Phantom (Ein Spiel)“, Premiere: 7. 6., 19.30 Uhr).
Von einer Mutter und ihrer Tochter, die ebenfalls nicht in Deutschland geboren wurde, sondern als politisch Verfolgte aus dem Iran hierher gekommen ist, handelt das Stück „Kluge Gefühle“der Schauspielerin und Dramatikerin Maryam Zaree. Für das Stück, das auch Fragen nach dem Umgang mit erlittenen Traumata wie Folter oder Gefängnishaft stellt, wurde Zaree 2017 mit dem Preis des Heidelberger Stückemarkts ausgezeichnet. Am HAU gibt nun der Schauspieler Niels Bormann mit einer Inszenierung von „Kluge Gefühle“ sein Debüt als Regisseur(unter anderem spielt Anke Engelke mit. Die Dramaturgie hat die Autorin selbst übernommen) (HAU3: „Kluge Gefühle“, Premiere 9. 6., 20 Uhr).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen