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Archiv-Artikel

Schneise Steuerpolitik: Sparanreiz für Reiche

Steuergeschenke für alle – so verspricht es das Unionsprogramm. Der Eingangssteuersatz soll von 15 auf 12 Prozent sinken, der Spitzensteuersatz von 42 auf 39 Prozent. Der Grundfreibetrag würde leicht von 7.664 auf 8.000 Euro steigen und erstmals auch für Kinder gelten. Eine vierköpfige Familie würde erst ab 38.200 Euro Einkommensteuer zahlen, jubelt die Union. Bisher muss diese Familie im Jahr 3.892 Euro an Steuern aufbringen.

Es ist kein Zufall, dass die Union nicht auf kinderlose Normalverdiener eingeht: Ein verheirateter Arbeitnehmer mit einem Jahresbrutto von 25.000 Euro würde ganze 210 Euro mehr erhalten. Umso deutlicher würden die Besserverdiener profitieren, was die Union ebenfalls verschweigt: Einkommensmillionäre könnten sich über zusätzliche 30.000 Euro freuen, hat die Gewerkschaft Ver.di ausgerechnet.

Dieses Plus würde sich erhöhen, falls die Steuerpläne von Paul Kirchhof wahr werden. Der Ex-Verfassungsrechtler sieht weitgehend eine Einheitssteuer von 25 Prozent vor. Für Einkommensmillionäre bedeutet dies laut Ver.di: etwa 100.000 Euro mehr. Es könnten auch 160.000 Euro plus sein – je nach Gegenfinanzierung.

Welche Steuervergünstigungen die Union streichen will, ist allerdings unklar. Laut Kirchhof gibt es mehr als 418 „Ausnahmetatbestände“, doch eine Liste rückte er auch gestern nicht heraus. Das Unionsprogramm ist genauso vage. Da steht zwar, dass es 3 Milliarden Euro bringen soll, Medien- oder Schiffsfonds nicht mehr zu fördern. Auch sollen die Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen verschlechtert werden. Aber ansonsten wird es nur bei den Arbeitnehmern konkret: So soll die Pendlerpauschale auf 25 Cent bis maximal 50 Entfernungskilometer sinken. Die Steuerfreiheit für Sonn-, Nacht- und Feiertagszuschläge würde in den nächsten sechs Jahren entfallen. Ver.di hat nachgerechnet: Eine Krankenschwester würde 2,5 Prozent ihres Nettolohns verlieren – trotz der Steuergeschenke von der Union. Vor allem aber gilt: Einen finanziell schwachen Staat können sich nur die Reichen leisten, die auf öffentliche Schwimmbäder oder Kindergärten nicht angewiesen sind. ULRIKE HERRMANN