: Yahoo hilft Chinas Staatssicherheit
Internetportal soll Hinweis auf Journalisten gegeben haben. Der sitzt jetzt im Knast
BERLIN taz ■ Das US-Internetportal Yahoo soll die chinesische Regierung mit Informationen versorgt haben, die zur Inhaftierung eines kritischen Journalisten führten. Die Hongkonger Yahoo-Filiale habe der Staatssicherheit geholfen, den Journalisten Shi Tao über seine E-Mail-Adresse zu identifizieren, teilte Reporter ohne Grenzen (RSF) mit. Shi Tao war Ende April zu zehn Jahren Haft verurteilt worden.
Der Journalist hatte in einer E-Mail über Beschränkungen der Pressefreiheit in China berichtet. Zudem stellte er eine – geheime – Anordnung der Regierung ins Internet, die jedes Gedenken an den 15. Jahrestag des Tiananmen-Massakers 1989 verbot.
Verurteilt wurde er nach Angaben der staatlichen chinesischen Agentur Xinhua am 30. April wegen „Verrats von Staatsgeheimnissen an Organisationen in Übersee“. Im Prozess gegen Shi Tao legte die Anklage eine Yahoo-Meldung als Beweis vor. „Die Nutzer-Information von Yahoo (HK) zeigt, dass IP 218.76.8.291 (aktiv um 23:32:17 am 20. April 2004) genutzt wird von: Tel: 0731-4376362“, zitieren Boxun-News auf ihrer Homepage die Information, die die Ermittler auf Shi Taos Spur brachte. Für die Betreiber ist dies der erste Fall, der öffentlich zeige, dass Yahoo der chinesischen Regierung helfe, kritische Internetnutzer anzuschwärzen.
So fragen RSF in ihrer Erklärung auch, wie weit Yahoo noch gehen wird, „um Peking zu gefallen“. Ohne die Kooperation des Internetportals wäre die Verurteilung nicht möglich gewesen. Pauline Wong, Leiterin von Yahoo Hongkong, sagte gestern, ihre Firma wolle die Vorwürfe nicht kommentieren. Die Angelegenheit werde überprüft.
Das virtuelle China ist ein heiß umkämpfter Markt unter den Internetanbietern. Und so ist der Fall Shi Tao auch nicht der erste, in dem eines der großen US-Internetunternehmen in den Verdacht allzu enger Zusammenarbeit mit der chinesischen Führung gerät. Auch die Yahoo-Rivalen Google und Microsoft MSN wurden kürzlich angegriffen. Sie sollen Online-News-Seiten und Weblogs (blogs) zensiert haben, an deren Unterdrückung Chinas kommunistische Regierung Interesse haben dürfte. Ihr Ziel dabei ist es, sich im Rennen um die größten Anteile am Internetkuchen einen guten Platz zu erobern. So hatte sich Yahoo erst im August für eine Milliarde Dollar 40 Prozent an Chinas größter E-Commerce-Firma Alibaba.com gesichert. Derweil liefern sich Google und Microsoft einen erbitterten Rechtsstreit über einen früheren Microsoft-Entwickler, den Google im Juli abgeworben hatte, um die Eröffnung eines Forschungszentrums in China zu leiten. CHRISTINE APEL