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Kampfansage aus Kiel

Gegen den Aufstiegsfavoriten Ingolstadt zeigt der Überraschungs-Tabellenführer Holstein Kiel, dass er nicht nur Offensivfeuerwerk kann, sondern auch Kampf und Disziplin. Der Lohn ist ein glücklicher Punkt

Von Andreas Geidel

So viele neue Momente hatte das Team von Holstein Kiel in der Zweiten Fußball-Bundesliga schon erlebt: Fünf Mal Rückstände umgebogen, mitunter sogar aussichtslos erscheinende wie das 0:2 nach 62 Minuten beim 1. FC Nürnberg – Endstand: 2:2. „Natürlich“ steht auch die Torfabrik im Nest der Störche. Der beste Aufsteiger seit Einführung der eingleisigen Zweiten Liga im Jahre 1981, gepriesen von der Konkurrenz und gefeiert von den Fans für das hohe Maß an Finesse, für die Leichtigkeit, für den Mut zu teils begeisternden Flachpass-Ballstafetten, für den kulturellen Aufstand gegen das zumeist auf öde Sicherheit bedachte Establishment im Unterhaus.

Doch an diesem letzten Novembersonnabend sah sich der Sensations-Tabellenführer im heimischen Holsteinstadion mit Ungewöhnlichem konfrontiert: Kein eigenes Feuerwerk, die Kontrolle über das Geschehen besaß ab der 15. Minute in weiten Teilen der Gast aus Ingolstadt. Jener Bundesliga-Absteiger, der nach schwachem Saisonstart in die Spur gekommen ist und dank der individuellen Qualität im teuersten Kader der Liga zu den heißen Aufstiegsanwärtern gezählt werden muss. Mit der Empfehlung von fünf Siegen am Stück betraten die „Schanzer“ den zum Störche-Glück holprigen Rasen in Kiel.

Der Rasen rettet die Störche

Denn auf einer ebeneren Spielfläche hätte ausgerechnet der Ex-Kieler Hauke Wahl bei der größten der hüben wie drüben wenigen Torchancen den Ball in der 76. Minute aus zwei Metern Entfernung sicher über die Linie geschoben. So aber prallte die Kugel gegen Wahls Wade und von dort in die Arme von KSV-Torwart Kenneth Kronholm. 17:6 Torschüsse zählte die Statistik zu Gunsten des FCI und 9:2 Ecken – verdrehte Zahlenwelt in Kiel.

„Die Jungs haben sich gewehrt und gegen eine Top-Mannschaft einen Punkt erkämpft. Wir spielen eine ganz ordentliche Saison, haben aber nicht die Ansprüche wie Ingolstadt“, sagte Holsteins Erfolgstrainer Markus Anfang, der als Kandidat für ein Denkmal vor dem Holsteinstadion gehandelt wird, seit er Kiel mit dem Aufstieg im Mai das Ende der 36-jährigen Zweitliga­abstinenz beschert hat.

Mittelfeld-Taktgeber Dominick Drexler lehnte sich etwas weiter als sein Coach aus dem Fenster. „Klasse, dass wir auch heute ungeschlagen geblieben sind“, sagte der 27-Jährige nach dem achten Spiel in Folge ohne Niederlage. „Wir können nicht über die ganze Saison ein Offensiv-Spektakel abliefern. Aber wir lernen aus solchen Spitzenspielen.“

In der Tat, die Lernfähigkeit der Kieler ist einer ihrer riesigen Pluspunkte. Handlungsschneller und noch präziser müsse man auf diesem Niveau agieren, sagte Drexler voller Selbstbewusstsein mit Blick auf den kommenden Sonnabend; die Fortuna solle sich jedenfalls schon einmal „warm anziehen“.Dann kommt der direkte Tabellennachbar Düsseldorf an die Förde. Das in Kiel zu Recht auf dem Index stehende Wort „Aufstieg“ vermied auch der Edeltechniker. Aber eine Kampfansage vor dem nächsten Festakt im Holsteinstadion zu formulieren, das traute sich Drexler schon einmal. Immerhin. Auch wieder so ein neuer Moment.

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