piwik no script img

Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen

Die Zeiten sind wie immer schwer, die Tage werden kürzer und kälter. Da kommt, nicht nur jahreszeitenbedingt, die Frage nach dem guten Leben auf. Wo ist es hin, dieses Leben? Wollen sie uns jetzt tatsächlich mit den Lebkuchenpaletten aus den Supermärkten abspeisen? Und haben wir nicht gerade noch auf Sommerwiesen gelegen, an Stränden, und dieses Leben genossen? Auch wenn uns SkeptikerInnen sagen, dass in Zeiten wie diesen nur eine Ignorantin sein kann, wer das Leben genießt. Nichtsdestotrotz ist die Frage, wie wir leben wollen, eine Urfrage des Theaters. So schauen wir in dieser Woche also einmal in das Ballhaus Ost in der Pappelallee, wo nämlich ein Theaterabend genau so überschrieben ist: „Das gute Leben“– eine Performance des Duos Johann Kuithan und Leon Ullrich. Und ob die beiden eine Antwort auf unsere Fragen haben, können wir nur durch den Besuch einer ihrer Vorstellungen erkunden (Ballhaus Ost: „Das gute Leben“, 11. 11., 20 Uhr, 12. 11., 18 Uhr).

Die Frage nach dem guten Leben, das meistens ja leider ein schlechtes ist, beschäftigt den amerikanischen Dramatiker Tracy Letts ziemlich intensiv. Die Ursache allen Übels findet sich in seinen Stücken oft in familiären Abgründen. Dafür wird Letts geliebt und gefeiert. Und das Frauenleben ist naturgemäß besonders abgrundreich. „Eine Frau“ hat Letts auch ein Stationendrama überschrieben, in dem er das Leben eines Mitglieds dieser Geschlechtergruppe rekapituliert. Im Berliner Ensemble hat sich der Regisseur David Bösch der Sache angenommen und das Stück mit Ensemblegrößen wie Corinna Kirchhoff und Bettina Hoppe inszeniert (Berliner Ensemble: „Eine Frau“, Premiere 9. 11., 19.30 Uhr).

Doch dass es im Grunde vollkommen absurd ist, auf so etwas wie ein gutes Leben zu hoffen, davon hat uns eigentlich vor langer Zeit der Dichter und Dramatiker Samuel Beckett schon überzeugt. Er schrieb Endspiel und Endspiel, und trotzdem ging das Elend immer weiter. An diesem Wochenende nun in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, die ihr eigenes Endspiel noch immer nicht hinter sich hat. Dort wird nun der Künstler Tino Sehgal ein Wochenende lang das ganze Haus mit Samuel Beckett bespielen und dabei den Versuch unternehmen, das Theater spartenübergreifend zu öffnen. Im Zentrum stehen drei Monologe – „Not I“, „Footfalls“ und „He, Joe“ – für deren sprechtheatralen Vortrag Anne Tismer und Morten Grunwald zuständig sind. Regie führt der 1941 geborene einstige Regieassistent Becketts, Walter Asmus (Volksbühne: „Samuel Beckett / Tino Sehgal“, 10. 11., 19 Uhr, 11. und 12. 11., jeweils 18 Uhr).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen