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Berliner SzenenDer Öko-Spießer (1)

Dorf-Ermittlungen

„Was wollen Sie denn von dem?“ – „Den Kopf waschen“, sage ich

Soziale Kontrolle kann auch ihre guten Seiten haben – wenn sie für Vernünftiges genutzt wird, etwa den Schutz des Walds. An einem der letzten warmen Tage des Jahres fahre ich mittags an eine der schönen Badestellen am Waldsee, unweit meines Dorfs am östlichen Stadtrand.

An der Badestelle ein Umweltbild des Schreckens: Einige Jugendliche schlafen dort, in rußige Schlafsäcke eingehüllt, inmitten von Müll und Scherben; das Lagerfeuer glimmt noch. Langsam erwacht einer. „Euren Müll nehmt ihr dann aber mit“, sage ich. „Das ist nicht von uns“, antwortet eine frech. Ich gehe in den See und schwimme ein Stück. Von Weitem sehe ich, wie die Jugendlichen schnell ihre Sachen packen und mit ihren Fahrrädern verschwinden. Ohne ihren Müll und den ihrer Freunde nach einer ziemlich großen Strandparty mitzunehmen.

Wieder an Land mache ich mich daran, den Müll einzusammeln. Die Tüten des Discounters, in dem sie Bier, Fleisch und Chips gekauft haben, sind zum Glück noch da. An der Feuerstelle ein Hinweis: Halb verbrannt liegen dort Übungsblätter einer Fahrschule, auf einem steht „Jason“. Den schnappe ich mir, denke ich, als ich vier Tüten voll Müll zum Auto schleppe.

Beim Discounter frage ich eine Verkäuferin, ob am Vortag Jugendliche für einen Grill­abend eingekauft hätten. „Wieso?“ – „Die haben ihren ganzen Müll am See liegen gelassen!“ – „Das ist eine Sauerei“, sagt sie, „gestern Abend waren welche hier, aber ich kenne die leider nicht.“

Dann geht es zur Fahrschule im Dorf. „Haben Sie einen Schüler, der Jason heißt?“, frage ich. „Das darf ich Ihnen nicht sagen, Datenschutz“, antwortet der Fahrlehrer. „Was wollen Sie denn von dem?“ – „Den Kopf waschen“, sage ich und erzähle, was vorgefallen ist. Schließlich sagt er: „Wenn wir hier einen Jason haben, dann nehme ich mir den mal zur Brust.“ Richard Rother

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