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THEATER

TheaterEsther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Sie waren männermordende Diven, die manchen das Fürchten gelehrt haben und gleichzeitig Ikonen des Eigensinns und der Selbstbestimmtheit: die beiden legendären Hollywood-Schauspielerinnen Bette Davis und Joan Craw­ford. 1962 standen sie in dem Psychothriller „Was geschah wirklich mit Baby Jane“ von Robert Aldrich auch gemeinsam vor der Kamera: einem Film, der die Abgründe der Filmindustrie ausleuchtete, psychische Defizite der Stars und die fatalen Nebenwirkungen der Droge Ruhm. Die beiden Schauspielerinnen Crawford und Davis machten den Film zum Ereignis, weil sie mit gewisser Schonungslosigkeit auch in die eigenen Abgründe blicken ließen. Klar, dass solche Figuren zwischen Mythos und Wirklichkeit, Glamour und Abgrund auch tolle Theaterfiguren sind. Der britische Schauspieler und Autor Anton Burge hat die beiden Ausnahmediven in dem tollen Boulevard-Kammerspiel „Bette & Joan“ zusammengespannt, das noch bis 23. 7. in der Komödie am Kurfürstendamm zu sehen ist. Als unersättlich eitle Intrigantin Joan Crawford verschlägt den Zuschauern Désirée Nick die Sprache. Ihre arrogant-eisige Gegenspielerin Bette Davis wird ziemlich umwerfend von Marion Straché gespielt. Wer es hören will, kann in der dezent auf deutsche Verhältnisse zugeschnittenen Inszenierung von Folke Braband auch giftige Anspielungen auf Ost- und Westbiografien heraushören. Und man wundert sich selbst, dass das so ist: aber es funktioniert (Komödie am Kurfürstendamm: 21. & 22. 7., 20 Uhr, 23. 7., 18 Uhr).

Dieses Deutschland ist ja ohnehin ein unerschöpfliches Thema und Kabarettstoff allemal. „Einmal Deutschland für alle. Heimat to go!“ ist ein berühmtes Programm vom Kabarett „Die Distel“ von 2015 überschrieben, dass vor nix halt macht, was irgendwie Stoff für Pointen liefert, ob Flüchtlinge, Martin Schulz oder G20. Immer brandaktuell und auf den Punkt. Alles wird stets um die Grundfragen arrangiert: Wem soll die Pizza namens Deutschland schmecken, wer darf sie belegen, was darf drauf sein, wie wird sie geliefert und bezahlt? (Die Distel, 24.–26. 7., 20 Uhr)

Und wer einmal Lust auf ein Hightech-Ausstellungs-Theater­erlebnis hat, dem sei „Haptic Field V2:0“von Chris Salter +Tez im Martin-Gropius-Bau (im Kontext vom „Limits of Knowing“) ans Herz gelegt. Mit Hightech-Anzug wird man durch einen multisensorischen Erlebnisparcours geschickt, in dem die Technik die Steuerung übernimmt und Tastsinn, Sehen und Hören sich langsam auflösen und die eigene Körperwahrnehmung langsam verschwimmt(Martin Gropius Bau: Mi.–Mo. 10-19 Uhr, Di. geschlossen).

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