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Narben von Peitschenhieben
betr.: „Familiennachzug: Die Union blockiert weiter“, taz vom 30. 3. 17
Der knapp 16-jährige palästinensische Syrer Walid erreichte vor zwei Jahren die BRD und beantragte Asyl. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ließ sich genau bis zu seinem 18. Geburtstag Zeit mit der Bearbeitung seines Antrags, sodass er für seine in Damaskus hungernden Eltern und die kleine Schwester keine Familienzusammenführung mehr beantragen durfte. Er ist verhaltensauffällig, aggressiv, verweigert den Schulbesuch, lässt sich nicht auf die Ehrenamtlichen ein. Die Narben von Peitschenhieben auf seinem Rücken zeigt er nicht; er hat sie mit 14 bekommen.
Der Familienvater Abdul kam vor zwei Jahren mit einem Sohn in die BRD, Frau und zwei weitere Söhne sitzen seitdem ohne Strom und Wasser in der Hölle von Jarmuk/Homs. Nach der Anerkennung durch das Bamf von Vater und Sohn musste die Frau 14 Monate auf den Termin zur Visumsbeantragung in Beirut warten. In dieser Zeit hungerten sie, einer der Söhne (8) wurde inhaftiert und halb blind geschlagen. Vater und Sohn in Deutschland sind apathisch, machen kaum Fortschritte beim Deutschlernen. Seit der Visumsbeantragung warten sie nun erneut schon drei Monate …
Ich könnte seitenlang weiterberichten. Während sich Anwälte eine goldene Nase mit den Klagen gegen die 70 Prozent Subsidiärer-„Schutz“-Bescheide des Bamf verdienen, gibt es kaum noch Ehrenamtliche, die sich auf dieser Ebene der „harten“ Flüchtlingsarbeit betätigen mögen. Die Klamotten sind verteilt, Möbel aussortiert, Sprachkurse etabliert, die wenigen Kinder, die mit ihren Müttern nachkommen durften, werden betreut. Was übrig bleibt, ist eine Handvoll tapferer Menschen, die den versteinerten, weinenden, hoffnungslosen und mitunter aggressiven Flüchtlingen über nicht enden wollende Wartezeit weiterhin die Hände halten. Inzwischen ist es en vogue auch unter Ehrenamtlichen, vor Radikalisierung zu warnen, wenn mal jemand nicht „spurt“ oder regelmäßig in die Moschee geht, spätestens seit Köln gibt es kaum noch hilfsbereite Frauen; Sexismus einmal andersrum. Ich schäme mich, Deutsche zu sein. KATHRIN KELLER, Gau-Bischofsheim
Warum so verschämt?
betr.: „Der rote Faden: Pyjama für alle“, taz vom 1./2. 4. 17
In dem „Roten Faden“ erinnern Sie mehrfach daran, Frauen seien „die mit den Brüsten“. Männer hingegen kategorisieren Sie als „Leistungsträger mit Penis“.
Ihre Bewertung der Ungleichbehandlung der Geschlechter teile ich. Aber warum hört bei Ihnen die Gleichberechtigung untenrum so verschämt auf? Wer „Penis“ sagt, sollte auch den Mut aufbringen, die Vagina beim Namen zu nennen (sofern man dazu in der taz überhaupt Mut bräuchte). Das würde Frau und Mann schon mal rein sprachlich auf eine Stufe heben.
CLAUS MISFELDT, Molfsee
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