Saida Rößner wundert sich über die Yoga-Gepflogenheiten der Hauptstadt: Hashtag Yoga
Nach dem Aufstehen direkt Fingerakrobatik beim Scrollen auf Instagram und Facebook. Die Armmuskeln werden beim Snapchatten vor dem Spiegel trainiert. Wenn das perfekte Selfie erst nach mehreren Anläufen gelingt, kommt es zum rasanten Wettlauf mit der Zeit. Es sind sportliche Höchstleistungen gefragt, um die S-Bahn oder den Bus zu erwischen. Spätestens beim Fotografieren des Mittagessens wird das schweißtreibende Fitnessprogramm fortgesetzt.
Nach so einem anstrengenden Tag entspannen Berliner*innen am liebsten beim Yoga. Das Beratungshaus edelhelfer und die Fitnessplattform fitogram kürten Berlin gerade zu Deutschlands Yoga-Hauptstadt. Insgesamt 300 Yogastudios und -schulen seien hier aktiv.
Yoga in Berlin ist längst nicht mehr auf das meditative Atmen im herabschauenden Hund reduziert. Stattdessen wird Yoga immer häufiger mit anderen Lieblingsaktivitäten der Hauptstädter*innen kombiniert. Die neuen Yoga-Trends sind vor allem eins: einen Hashtag wert.
Beim #PartyYoga wird das Training zur Berliner Clubnacht. Mit Livemusik verwandelt sich die Yogapraxis in einen rhythmischen Balanceakt. Statt Alkohol gibt es Weizengras-Shots und Smoothies zu trinken.
Auf das Feierabendbier muss trotzdem keiner verzichten. Fans des deutschen Nationalgetränks kommen beim #BierYoga voll auf ihre Kosten. Trainiert wird hier nicht nur mit dem Körper, sondern auch mit zwei Flaschen Bier. Dampf ablassen können stressgeplagte Berliner*innen beim #BoxingYoga. Die Kombinationen aus Yogahaltungen und Boxbewegungen soll ein effektives Ganzkörpertraining bewirken.
Wenn es um Yoga geht, beweist Berlin also doppeltes Geschick – bei den Übungen und in Sachen Kreativität. Reines #SelfieYoga? Ob die neuen Trends trotzdem den gewünschten Entspannungseffekt hervorrufen, wird sich spätestens beim Shavasana, der Endentspannung einer jeden Yogapraxis, zeigen.
Im Notfall gibt es Yoga natürlich auch weiterhin klassisch meditativ. Schließlich darf sich die deutsche Hauptstadt nun zu Recht auch Yoga-Metropole nennen.
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