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Arbeitsrechtlich nicht haltbar

Gastkommentar Holms Kündigung durch seine Uni ist unberechtigt

Johannes Eisenberg

61, ist Rechtsanwalt mit Kanzlei in Kreuzberg. Er ist Anwalt der taz, spezialisiert auf Medien- und Strafrecht.

Nun ist Andrej Holm also doch gekündigt worden. Nicht, weil er als 18- und 19-Jähriger beim MfS mitgemacht hat. Sondern weil er 2005 und danach seine hauptamtliche Tätigkeit nicht offenbart und keine Einsicht und Reue gezeigt haben soll.

Diese – fristgemäße – Kündigung durch die HU ist unberechtigt. Holm hätte gar nicht gefragt werden dürfen und durfte daher eine falsche Antwort geben: Weil er noch jung war und nur kurz dabei, weil es bereits 15 Jahre zurücklag und er seine wissenschaftlichen Meriten danach erworben hatte. Und weil die MfS-Tätigkeit für die konkrete Tätigkeit bei der HU keine Bedeutung haben konnte.

Selbst wenn man das anders sieht, wird Holm die Kündigungsschutzklage gewinnen. Denn ihm ist seit 2005 nicht nur kein tätigkeitsbegründeter Vorwurf zu machen, etwa dass er Studenten mit tschekistischem Ideen indoktriniert hätte. Nein: Die HU-Präsidentin wird zitiert, sie bedauere die Entscheidung sehr, weil die HU „einen renommierten und anerkannten Stadtsoziologen mit großer wissenschaftlicher Reputation verliert“. Schon deshalb stellt die von der HU vorgeschützte Wiederholung der falschen Angaben bei verschiedenen Anlässen keine Rechtfertigung für den Rausschmiss dar: Dass er als Wissenschaftler Vertrauen genießt, sagt die HU selbst.

Dass Wissenschaftler nicht lügen dürfen, verlangt die Rechtsordnung nicht: Sie sind nicht per se bessere Menschen als Anwälte, Richter oder Journalisten. Anwälte, Richter und Journalisten – das weiß ich aus eigener Empirie – lügen geradezu habituell. Wenn’s rauskommt, haben sie es nicht wissentlich gemacht.

Johannes Eisenberg

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