: Seligsprechung für Euthanasiegegner
Wenn Clemens August Graf von Galen am Sonntag in Rom selig gesprochen wird, verdankt der als „Löwe von Münster“ bekannt gewordene Gottesmann dies Vianelde Keuß. Denn die heute 85-jährige Steyler Missionsschwester war es, die 1995 in einer indonesischen Klinik für einen nach einem Blinddarmdurchbruch vermeintlich im Sterben liegenden 16-jährigen betete: „Lieber Kardinal, du bist an der gleichen Krankheit gestorben – jetzt hilf, damit dieser Junge gesund wird!“ Der Junge genas und so bescherte Schwester Vianelde, die von Galen in ihren jungen Jahren noch selbst begegnet war, jenes 2004 vom Vatikan für die Selig- und Heiligsprechungen einstimmig anerkannte „Wunder“, das dem adligen Geistlichen bislang zur bereits 1956 beantragten Seligsprechung noch gefehlt hatte.
Galen sei ein „ganz durchschnittlicher Zeitgenosse von durchaus beschränkten Geistesgaben, der daher bis in die jüngste Zeit hinein nicht gesehen hat, wohin die Reise geht, und daher immer zum Paktieren geneigt hat“, urteilte der Berliner Bischof Konrad Graf von Preysing im Sommer 1941 wenig vorteilhaft über seinen Münsteraner Kollegen. Aber, so fügte der überzeugte Nazigegner Preysing hinzu: „Umso eindrucksvoller ist es, dass ihn jetzt der heilige Geist erleuchtet hat und erfüllt.“ Denn kurz zuvor hatte Galen seine drei berühmt gewordenen Predigten gehalten, in denen er stimmgewaltig das Euthanasieprogramm der braunen Machthaber brandmarkte. Sein mutiger öffentlicher Protest führte immerhin zu einer vorübergehenden Einstellung des Mordprogramms – und machte von Galen zum Mythos.
Es war ein langer Weg gewesen bis zu seinem demonstrativen Bruch mit dem NS-Regime. Denn der Spross aus westfälischem Uradel, 1878 auf Burg Dinklage im Oldenburgischen geboren, verabscheute Demokratie, Liberalismus und die „Pest des Laizismus“. Galen, der nach Theologiestudium und Priesterweihe zunächst 22 Jahre in Berlin als Pfarrer gedient hatte, bevor er 1929 in seine Heimat zurückkehrte und dort 1933 zum Bischof geweiht wurde, weinte der Weimarer Republik keine Träne nach. Hitlers Überfall auf die Sowjetunion unterstützte er als Abwehrschlacht tapferer deutscher Soldaten gegen die „Pest des Bolschewismus“.
Was ihn zudem bis heute umstritten macht, ist sein Schweigen zu der Verfolgung der Juden. Dies dürfte auch darin begründet gewesen sein, dass Galen selbst in antisemitischen Vorurteilen befangen war. So sprach er in einem Hirtenwort noch 1940 vom „entarteten Judentum“. Von Galen, den die Nazis nicht zu verhaften gewagt hatten, starb kurz nach seiner Ernennung zum Kardinal 1946. PASCAL BEUCKER