Tivoli glaubt nicht an Berlin

Das dänische Unternehmen will den Spreepark doch nicht kaufen. Daran hatte außer dem Senat ohnehin niemand mehr geglaubt. FDP fordert eine wirtschaftliche Nutzung des Areals im Plänterwald. Grüne wollen Renaturierung

Eines der letzten unrealisierten Großprojekte des ehemaligen Stadtentwicklungssenators Peter Strieder (SPD) ist ausgeträumt: Wie jetzt bekannt wurde, wird das dänische Unternehmen Tivoli den Spreepark im Plänterwald doch nicht übernehmen. Hauptgrund sei die schlechte wirtschaftliche Lage in Deutschland.

Laut Liegenschaftsfonds, der die marode Immobilie verwaltet, sei der Verkauf jedoch gescheitert, weil „das Grundstück nicht frei verfügbar ist“. Gemeint sind die Bewohner des Westerndorfs im Spreepark: Mehrere Abenteurer wohnen zwischen Spielbank, Saloon und Schießbude. Sie sind trotz Räumungsklage nicht bereit, ihr Domizil inmitten des innerstädtischen Waldgebiets zu verlassen. Vor Gericht haben sie gar nicht so schlechte Karten, denn Westerndorf-Erbauer Rolf Deichsel argumentiert, ihm gehöre das Westerndorf. Der Verkauf an den einstigen Spreepark-Betreiber Norbert Witte sei nicht rechtskräftig geworden, weil der den Kaufpreis nie gezahlt hatte.

Obwohl es fünf Bewerber für den Spreepark gab, verhandelte das Land nur mit einem Bieter ernsthaft: mit Tivoli. Anders als Mitbewerber forderte der Däne Einschnitte in das Landschaftsschutzgebiet Plänterwald. Dafür schuf der Bezirk Treptow-Köpenick auf Senatsdruck die planungsrechtlichen Grundlagen.

Seit über einem Jahr ist zudem völlig offen, woher Tivoli, das sein internationales Geschäft stark zurück gefahren hatte, das Geld für Berlin akquirieren wolle. Außerhalb Kopenhagens laufen nur noch Franchise-Geschäfte: Tivoli verkauft seinen Namen und sein Konzept an Geldgeber. Der eigentliche Grund für die Verhandlungen mit nur einem Investor ist bei Peter Strieder zu suchen: Der wollte den Namen Tivoli nach Berlin holen und reiste dazu 2003 eigens nach Kopenhagen. Sein Reisebegleiter war kein Geringerer als Klaus Wowereit.

„Der Senat träumte von einem Tivoli-Park in der Hauptstadt und servierte dafür andere ernsthafte Bewerber eiskalt ab“, erklärt der FDP-Wirtschaftspolitiker Volker Thiel. „Das rächt sich nun doppelt: Aktuell stehen keine alternativen Bewerber mehr bereit, und Berlin droht auf einer Bürgschaft in zweistelliger Millionenhöhe sitzen zu bleiben, die der frühere Betreiber Witte hinterließ.“ Die Witte-Schulden soll nach Senatsvorstellungen ein künftiger Investor übernehmen. Andernfalls fallen sie an das Land. Thiel fordert vom Senat ein Konzept für eine wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks.

Die Grünen hingegen wollen das Areal renaturieren. Ihre Wirtschaftspolitikerin Lisa Paus: „Für einen Vergnügungspark in Berlin fehlen sowohl die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen als auch eindeutige Signale des Investors.“ Sie verweist auf Vergnügungsparks im Großraum Berlin wie Tropical Islands, die nicht den erhofften Anklang finden, und mögliche neue Konkurrenz durch ein Riesenrad in der Innenstadt, für das es allerdings noch keinen Standort gibt. Paus: „Der Senat gibt jedes Jahr mehrere 100.000 Euro zur Sicherung und Unterhaltung des Areals aus und verliert wertvolle Zeit, die Weichen in Richtung Renaturierung zu stellen.“

MARINA MAI