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Archiv-Artikel

Stützpfeiler seiner Schaffenskraft

TENNIS-WM Ersatzmann Robin Söderling mischt das Feld der acht besten Profis gehörig auf

„Er ist einer der besten Hallenspieler der Welt“

Andy Murray über Robin Söderling (oben)

LONDON taz | Mit diesem Szenario hatte keiner gerechnet. Roger Federer, die Nummer eins, musste bis zum letzten Spieltag seiner Gruppe beim ATP-Finale warten, ehe feststand, ob er sich für das Halbfinale qualifizieren würde; Novak Djokovic (Nummer drei) ging es ebenso und auch dem Schotten Andy Murray, Nummer vier. Und noch schlimmer traf es Rafael Nadal (Nummer zwei), der nach zwei Niederlagen früh wusste, dass es für ihn am Wochenende beim ATP Finale nichts mehr zu tun geben würde, im Gegensatz zum bisher imponierend starken Ersatzmann.

Ohne die Verletzung des an sich qualifizierten Amerikaners Andy Roddick wäre für Robin Söderling kein Platz im Elitefeld der besten acht des Jahres gewesen, doch als die anderen noch nicht wussten, wie es weitergehen würde, schuf der auf direktem Weg vollendete Tatsachen und zog als Erster ins Halbfinale ein.

Im Gegensatz zu Nadal und Djokovic, die er in der Vorrunde jeweils in zwei glatten Sätzen besiegte, zeigte Söderling am Ende der langen Saison bisher keine Spur von Müdigkeit. Djokovic schlich nach der Niederlage im 96. Spiel des Jahres wie ein Fußlahmer von dannen und wirkte auch später noch völlig deprimiert und ausgelaugt. Söderling bot das Kontrastprogramm und meinte, glatte Siege gegen die Nummern zwei und drei der Welt – mehr habe er sich nicht wünschen können.

Nun ist es keine Seltenheit, dass Nachrücker bei diesem Turnier Furore machen. Vor vier Jahren war David Nalbandian daheim in Argentinien schon auf dem Weg zu einer Angeltour, als ihn der Anruf erreichte, er werde gebraucht; auch damals wäre es Roddicks Platz gewesen. Am Ende schnappte sich Nalbandian nach fünf hochklassigen Sätzen im Finale gegen Roger Federer den Titel und bedankte sich bei Roddick für die unbeabsichtigte Hilfestellung.

Söderling hatte vorm Turnier keine Urlaubspläne. Nachdem er Mitte November auf Position Nummer neun der Rangliste vorgerückt war und ihm auch relativ bald signalisiert wurde, dass Roddick womöglich nicht spielen würde, bereitete er sich beizeiten auf den Start in London vor. Irgendwie ist es ohnehin ganz passend, jenen Mann beim letzten Turnier des Jahres zu sehen, der für den größten Knall des Jahres verantwortlich gewesen war – den Sieg Ende Mai im Achtelfinale der French Open gegen den Herrscher im Stade Roland Garros, Rafael Nadal. Bis dahin hatte Söderling als eher launischer Kantonist gegolten; mächtige Schläge auf Vorhand- wie Rückhandseite nützten oft nichts, weil ihm Konzentration und Konsequenz im Spiel fehlten. Der Sieg gegen Nadal und der folgende Weg ins Finale gegen Federer wirkten wie Stützpfeiler seiner Schaffenskraft, und wäre ihm nicht in den Wochen danach bei den großen Turnieren des Öfteren wieder der Kollege Federer begegnet, dann stünde in der Erfolgsliste vermutlich mehr zu Buche als das Achtelfinale von Wimbledon und das Viertelfinale bei den US Open.

Neues Team

Deshalb wundert es kaum, dass Söderling auf die Frage, gegen wen er auf gar keinen Fall am Samstag im Halbfinale spielen möchte, grinsend antwortet: „Na, was glauben Sie? Ich denke, das ist ziemlich offensichtlich.“ Mindestens so offensichtlich ist der Beitrag, den Magnus Norman beim Aufstieg des Landsmannes geleistet hat.

Seit Anfang des Jahres sind er und der frühere Profi ein Team, und zu den Dingen, die Söderling an seinem Trainer besonders schätzt, gehört, dass die Ratschläge aus erster Hand kommen. Immerhin hatte Norman nach dem Finale der French Open im Jahre 2000 mal an Nummer zwei der Weltrangliste gestanden. DORIS HENKEL