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Ein bisschen ethischer klonen

US-Forscher suchen nach Methoden, die die Stammzellenforschung aus dem ethischen Kreuzfeuer retten. Einige glauben jetzt, den Königsweg gefunden zu haben

BERLIN taz ■ Neue Verfahren sollen ethische Bedenken beim Klonen embryonaler Stammzellen entschärfen. Denn bisher müssen Forscher, die Stammzellen gewinnen, immer Embryonen töten. Das Wissenschaftsmagazin Nature berichtet in seiner Online-Ausgabe nun über zwei neue experimentelle Methoden. Bei diesen werden zwar auch noch Embryonen verwandt, aber dabei nicht zerstört. Langfristig versprechen sich die Forscher, menschliches Gewebe und Organe im Labor herstellen zu können. So sollen Krankheiten wie Alzheimer besser bekämpft werden können.

Die Biotechnologiefirma Advanced Cell Technologies aus Massachusetts hat ein Verfahren entwickelt, das mit Mäuseembryonen funktioniert. Im sehr frühen, achtzelligen Stadium des Embryos wird eine Zelle isoliert. Diese dient als Grundlage, um weitere Stammzellen zu gewinnen. Der verbleibende siebenzellige Embryo entwickelt sich anscheinend zu einer gesunden Maus – so berichten die Forscher um Teamleiter Bob Lanza. Die Wissenschaftler hoffen, die Methode eines Tages auf den Menschen übertragen zu können.

Allerdings wäre das Verfahren, wenn es tatsächlich auf Menschen angewendet wird, in Deutschland nicht erlaubt. Das Embryonenschutzgesetz verbietet, Teile eines Embryos für die Forschung zu nutzen. Christof Tannert, Leiter der Arbeitsgruppe „Bioethik und Wissenschaftskommunikation“ am Max Delbrück Centrum in Berlin, hält den neuen Ansatz auch aus praktischen Erwägungen für weltfremd. „Zeigen Sie mir die Frau, die sich einen siebenzelligen Embryo einpflanzen lässt.“

Lanzas Team sieht in dem Überleben des Embryos den entscheidenden ethischen Fortschritt. Derweil setzt ein anderes Team darauf, von vornherein ohne lebensfähige Embryonen auszukommen: „Stammzellen-Pabst“ Rudolf Jaenisch und sein Kollege Alexander Meissner vom Whitehead Institute in Boston verschmelzen den Kern einer menschlichen Hautzelle mit einer entleerten Eizelle. Zuvor infizierten die Forscher die Hautzelle jedoch mit einem Virus, das die normalen Entwicklungsstufen des Embryos blockiert. „Wir nehmen so dem Embryo die Fähigkeit, sich normal zu entwickeln“, sagte Jaenisch. Die Logik: Entwickelt sich kein Embryo, kann man auch keines töten.

Beide Verfahren sind politisch brisant. Offenkundig sind die Forscher bemüht, Auswege für die weltweit rechtlich stark eingeschränkte Stammzellenforschung zu finden. Die ethischen Probleme werden für Kritiker Christof Tannert durch die neuen Ergebnisse jedoch keinesfalls gelöst. Er sagt: „Die Kuh wäre mit keinem der Verfahren vom Eis, denn sie schieben die ethischen Probleme mit technischen Tricks beiseite.“ TARIK AHMIA

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