: Politische Stimme Malis
Pop Spielt am Sonntag im HAU: die Sängerin NâHawa Doumbia
Die Karriere der malischen Sängerin NâHawa Doumbia hat eine so traurige wie zukunftsweisende Vorgeschichte. Als ihre Mutter kurz nach der Geburt ihrer Tochter im Sterben lag, da prophezeite sie, ihre Tochter würde eines Tages eine große Sängerin werden. Eine ungewöhnliche Ankündigung, da ihre Familie nicht zur Kaste der Griots, der singenden Geschichtenerzähler Westafrikas, gehörte. Sie sollte recht behalten.
NâHawa Doumbia wuchs nach dem frühen Tod ihrer Mutter zu Beginn der 1960er Jahre im Städtchen Maléfé im Süden Malis nahe der Grenze zur Elfenbeinküste bei ihren Großeltern auf. Früh entwickelte NâHawa Doumbia ihr Gesangstalent, 1980 wurde sie vom malischen Kulturministerium entdeckt und gewann einen Musikwettbewerb für Jugendliche. Sie entwickelte den charakteristischen Stil eines drängenden, fast schrill hochfliegenden Gesangs, geerdet von den hypnotisch-meditativen Didadi-Rhythmen ihrer Heimat.
Im Jahr 1982 erschien bereits das Album, mit dem NâHawa Doumbia fast 30 Jahre später wiederentdeckt werden sollte. In der Zwischenzeit war zwar eine Reihe weiterer Alben erschienen, die Sängerin war durch Deutschland und die USA getourt. Aber erst das Reissue von „La grande cantatrice malienne“ im Jahr 2011, die erste Veröffentlichung auf dem Label namens Awesome Tapes from Africa des New Yorker Musikethnologen Brian Shimkowitz, brachte NâHawa Doumbia im Rahmen der Wieder- und Neuentdeckung alter, lange verschollener afrikanischer Musik größere Bekanntheit auch in Europa und den USA.
Die Musik zeichnet sich aus durch einen reduzierten, rauen Sound mit repetitiv-entspannt pluckerndem Groove. Wie bei der meisten modernen Musik aus Mali wird auch hier in pentatonischer Stimmung, also der Fünftonskala gespielt, was der westlichen Melodik von Blues und damit auch Rock, Pop und Jazz sehr nahe kommt. In ihrem Gesang spürt man, dass sie eine frühe feministische Stimme Afrikas mit politischen und sozialkritischen Statements gegen Polygamie und für die Rechte von Frauen und Kindern ist.
York Schaefer
Live: 22. November, 20 Uhr, HAU, im Rahmen von „Marx‘ Gespenster“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen