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Das Ding, das kommtModell schafft Durchblick

Das barocke Modell des Salomonischen Tempels im Hamburg Museum ist restauriert worden Foto: SHMH Hamburg Museum/ Ulrike Pfeiffer

Radikal klingt sie auch heute, die These, die gegenwärtig am prominentesten vom Kosmologen Max Tegmark formuliert wird: Unser Universum ist eine mathematische Struktur und hat – ausschließlich – mathematische Eigenschaften. Mehr noch: Jedes mögliche Universum wird nicht bloß durch Mathematik modelliert oder simuliert, es ist nichts weiter als ein mathematisches System.

Neu ist die Idee nicht. Schon Salomos „Buch der Weisheit“ behauptet 50 v. Chr.: „Aber du hast alles nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet.“ Der Weltenbau und alles darin Befindliche – nach mathematischen Gesichtspunkten geschaffen. Kraft des ihm von Gott gegebenen Verstandes könne der Mensch diesen Bauplan deshalb aufdecken.

Die neuzeitliche Wissenschaft greift das auf: Für Galileo Galilei ist die Natur in der Schrift der Mathematik geschrieben, Johannes Kepler findet in der Mathematik den Schlüssel zur Bewegung der Planeten. Warum eine Kokosnuss braun und hart, eine Banane aber gelb und weich ist, auch das lässt sich mit den Maxwell’schen Gleichungen und der Quantentheorie erklären. Allzu viel bleibt zwischen Himmel und Erde nicht mehr übrig, von dem die Schulweisheit noch nicht geträumt hat.

Dass man den Bauplan Gottes nicht nur entschlüsseln, sondern eben auch nachbauen kann, diese Idee steckt auch hinter dem zwischen 1680 und 1690 – rund 40 Jahre nach Galileis Tod – gebauten barocken Architekturmodell des Salomonischen Tempels, das nun, umfangreich restauriert und konserviert, wieder im Hamburg Museum zu bestaunen ist.

Ein Modell, das nicht etwa den zu Beginn des babylonischen Exils zerstörten Jerusalemer Tempel abbilden wollte, sondern Abbildung dieser Leitvorstellung neuzeitlicher Wissenschaft ist: an einem konkreten Ort das Rüstzeug zu besitzen, die Welt vollständig zu enträtseln.

Gezeigt wird das Modell, das zu den größten noch existenten Architekturmodellen der Barockzeit zählt, bis Anfang 2016 in einer Sonderpräsentation im „erlebnisorientierten Rahmen“. Die ermöglicht mit filmischer Dokumentation vielfältige und auch durch die Restauration ganz neu entdeckte Einblicke, bis ins mit Gold ausgekleidete Allerheiligste.

Und so blickt, wer ab Mittwoch durch ein Fenster des gewaltigen, nie vollendeten Gebäudes schaut, nicht nur auf ein lange eher im Abseits stehendes kleines Weltwunder. Er blickt auch durch fast den gesamten zwölf Quadratmeter großen Komplex hindurch. Zumindest, wenn ersich tief genug vor dem Modell hinkniet. MATT

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