Aus der Mensa: Das letzte Kapitel

Ende gut, alles gut. Oder so: Hanni und Strunk legalisieren ihre Verhältnisse, Klumpe bekommt eine Festanstellung und Geierschnabel blelbt übrig.

Eines Tages aber kam der Aufschwung und brachte es mit sich, dass die Mensarunde auseinandergerissen und in alle Windrichtungen verweht wurde. Aus Respekt vor den dahingegangenen Veteranen blieb der verwaiste Stammtisch für eine kurze Spanne unbesetzt, wurde freilich dann von unbekümmerten Vertretern nachgewachsener Generationen zügig in Besitz genommen. Nur ein paar Altsemester verfallen noch gelegentlich in stilles Angedenken und sinistres Sinnieren über die Vergänglichkeit allen Seins.

Hanni und Strunk waren die Ersten, die das Weite suchten und dabei schnell fündig wurden. Als Strunk eine gute Weile später aus Hanni eine ehrbare Frau machte und beide ihr Verhältnis legalisierten, fand die alte Runde in der Fremde noch einmal zusammen. Und stellte mit Befriedigung fest, dass Hanni und Strunk zwar bürgerlich, aber noch längst nicht erwachsen geworden waren.

Droll übernahm das väterliche Zweiradgeschäft, ließ sich mit einem Hells Angel ein und bekam mit ihr vier Kinder. Wabble hatte in seinem Leben so viel Schrecken erfahren, dass ihm die Schauergeschichten nur so aus der Feder flossen und ihm ein auskömmliches Dasein bescherten. Die Friesin Nanni, eine frühere "Miss Museumsdorf" mit bis unter die Gürtellinie reichenden rotblonden Haaren, kehrte heim ins Reich von Tee und Köm, wo ihre familiären Wurzeln lagen. Leider lagen sie dort schon so lange, dass sie mittlerweile verfault und vermodert und nicht mehr zu gebrauchen waren. Als Erzieherin half Nanni Küchenschwaben, abgebrannten Pommerländern und Mangelsachsen und anderen Kindern mit Migrationshintergrund auf die Sprünge. Auf dem Sprung war auch Klumpe, der all die Jahre insgeheim an einem Theaterstück herumgedichtet und -gedoktert hatte, was seinen Studienschluss gehörig verzögerte, das ihm aber nach einer gefeierten Premiere irgendwo im Süddeutschen eine feste Anstellung als Dramaturg bescherte. Babs, die man nie Babsi nennen durfte, entschied sich für den Staatsdienst, hieß fortan nur noch Barbara und zog sich in eine vornehme Einsiedelei am Waldesrand zurück, wo sie gelegentlich Empfänge gab, bei denen niederes, nichtakademisches Volk und bohemistische Lebensformen keinen Zutritt hatten.

Geierschnabel, der sich im Studium wendig an den meisten Schwierigkeiten gehobeneren Grades vorbeigeschlängelt hatte, wurde zu einem ob seiner Strenge gefürchteten Hochschullehrer, vor dem verschreckte Erstsemester schreiend davonstoben, wenn er des Mittags die Mensa betrat, um unter gerefften Brauen hindurch flackernde Blicke auf die Speisetafel zu werfen. Am Ende war er als Einziger übrig geblieben. Einen nach dem anderen hatte er gehen sehen, stets verabschiedete man sich lachend; Haare strebten himmelwärts und die Damen rümpften alles, was sich auf sittsame Weise rümpfen lässt, wenn Geierschnabel jedem den schon oft gehörten Ratschlag mit auf den Weg gab: "Machs wie ich - machs gut!"

Nach aktuellem Kenntnisstand aber hat es den Anschein, als hätten unsere Helden diese wohlwollende Weisung nach je eigenem Gutdünken zu ihrem Nutzen und Frommen beherzigt.

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kari

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