EU: Zweifel an neuem Ökosiegel

Die EU-Agrarminister haben sich auf neue Öko-Verordnung geeinigt. Kritiker sehen darin einen Rückschritt gegenüber dem deutschen Siegel.

Warten auf das neue EU-Biolabel: Äpfel der Sorte "Golden Delicious" Bild: dpa

Der europäische Binnenmarkt hat endlich sein Ökosiegel. Von 2009 an müssen sämtliche in der EU produzierten oder eingeführten Bioprodukte ein EU-Biolabel tragen, das einheitliche Mindeststandards garantiert. Die EU-Kommission will damit die Regeln für ökologischen Landbau klarer machen und dem Verbraucher die Orientierung erleichtern. Kritiker sehen in dem neuen Label einen Rückschritt gegenüber dem deutschen Biosiegel und weisen darauf hin, dass Importe aus Drittstaaten nur "vergleichbare", nicht aber gleiche Produktionsbedingungen garantieren müssen, um sich Bio nennen zu dürfen.

Über die Mindeststandards war zuvor zwischen den Mitgliedstaaten, aber auch im EU-Parlament viel gestritten worden. Gestern einigten sich die Agrarminister auf eine Rahmenvereinbarung, die im Wesentlichen die bisher geltenden Anforderungen für artgerechte Haltung, organische Düngung und das Pestizidverbot beibehält. Bis 2009 muss die EU-Kommission die Details festlegen und einen Vorschlag machen, wie das Siegel optisch gestaltet sein soll. Das derzeit geltende, nicht verbindlich vorgeschriebene EU-Biosiegel ist von anderen EU-Qualitätsbezeichnungen optisch kaum zu unterscheiden.

Belgien, Italien, Griechenland und Ungarn, die erreichen wollten, dass für Bioprodukte ein niedrigerer Schwellenwert für Genverunreinigungen gelten soll als für konventionelle Produkte, stimmten gegen die Verordnung. Auch das EU-Parlament und mehrere Ökoverbände hatten einen Schwellenwert von 0,1 Prozent für Biolebensmittel gefordert. Bioerzeuger liefen dagegen Sturm, weil das ihre Produkte gegenüber konventionellen Lebensmitteln weiter verteuern würde.

Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf nannte die neue EU-Ökoverordnung einen "Teilerfolg". Der Agrarexperte der Grünen im EU-Parlament begrüßte es, dass bewährte Gütesiegel wie Naturland, Demeter oder Bioland weiter zusätzlich zum EU-Ökosiegel aufgedruckt werden dürften. Auch werde der Begriff "Öko" wirksam geschützt. "Wo Öko draufsteht, muss auch Öko drin sein." Nun komme es darauf an, die von der EU-Kommission geplanten Durchführungsbestimmungen genau unter die Lupe zu nehmen. "Es muss sichergestellt werden, dass Rat und Kommission nicht versuchen, durch die Hintertür die Verwendung von Gentechnik im Ökolandbau einzuführen."

In der vergangenen Woche hatte sich überraschend Polen in die Debatte ums Ökolabel eingeschaltet. "Polen hat verspätet seine Sensibilität beim Thema Gentechnik entdeckt", kommentierte ein Beobachter der Ratsverhandlungen süffisant. Die polnische Delegation setzte durch, dass ein Passus gestrichen wurde, der die Verwendung von genveränderten Enzymen und Zusatzstoffen erlaubt hätte. "Der Rat hat aber offen gelassen, dass die Kommission in Ausnahmefällen Zusatzstoffe, die mit Hilfe von GVO hergestellt wurden, zur Verwendung freigeben kann", warnte Graefe zu Baringdorf. Dabei geht es zum Beispiel um Enzyme, die von genveränderten Bakterien stammen und bei der Käseproduktion eingesetzt werden.

Das Kleingedruckte wird die Bioverbände in den kommenden Monaten weiter beschäftigen. Die neue Verordnung enthält eine "Flexibilitätsklausel", die die bisherigen strengen Vorschriften aufweichen könnte. Schwedische Biobauern zum Beispiel sehen sich mit dem Problem konfrontiert, dass es in ihrem Land keine Futtermühle gibt, die nur biologische Grundstoffe verarbeitet. Sie könnten die Sondererlaubnis erwirken, in einer konventionellen Mühle verarbeitetes Biofutter einzusetzen.

Die grüne Bundestagsabgeordnete Ulrike Hoefgen hat Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer Boel bereits im Februar in einem Brief aufgefordert, das Kleingedruckte der EG-Öko-Verordnung zu nutzen. Nur so könne man den "hohen Standard weiter gewährleisten".

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