Bahnprivatisierung: Tiefensee macht es kompliziert

Beim neuen Gesetzentwurf zur Privatisierung macht der Verkehrsminister einen Alleingang - und hält an verfassungsrechtlich bedenklichen Konstruktionen fest. Doch die Kritiker sind zahlreich

Bald privat? Deutsche Bahn Bild: dpa

BERLIN (taz) Alle durften etwas sagen - nur gebracht hat es bislang nicht viel. Beim Thema Bahn-Privatisierung bleibt das zuständige Bundesverkehrsministerium auf seinem konzernfreundlichen Kurs. Zwar wurden die zum Teil grundlegenden Bedenken der Ressortkollegen von den Fachleuten des Bundesverkehrsministers Wolfgang Tiefensee (SPD) fein säuberlich in einem Diskussionspapier zusammengetragen, das der taz vorliegt. Am Montag soll es von den unterschiedlichen Ministeriumsvertretern beraten werden. In entscheidenden Punkten bleibt das Bundesverkehrsministerium aber bei seinem Entwurf.

Grundsätzlich hält das Ressort daran fest, dass das Schienennetz demnächst juristisch dem Bund und wirtschaftlich der Bahn sowie ihren neuen Eigentümern gehören soll. Dahinter kann Tiefensee auch kaum zurück, schließlich wurde die komplizierte Konstruktion so auch vom Bundestag im November verabschiedet. Allerdings war schon damals vielen klar, dass diese Lösung juristisch heikel ist. So meldeten in den vergangenen Wochen gleich drei Ressorts - Innen-, Verbraucher- und Wirtschaftsministerium - verfassungsrechtliche Zweifel an. Denn laut Grundgesetz ist der Bund für die Verwaltung des Eisenbahnverkehrs verantwortlich und muss dabei auch das Gemeinwohl berücksichtigen. Das könnte schwierig werden, wenn die wirtschaftliche Macht über das Netz mit privaten Investoren geteilt wird. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit werde zwischen den Ministerien noch geklärt - lautet die lapidare Antwort aus dem Hause Tiefensee.

Ein anderer Punkt, an dem Tiefensee beratungsresistent bleibt, ist die Frage der zukünftigen Mittel aus dem Bundeshaushalt, die der Bahn zufließen sollen. Bis zu 2,5 Milliarden Euro sollen es pro Jahr sein, weitere Sonderzuwendungen nicht ausgeschlossen. Dieser Zusatz wurde zwar im neuen Gesetzentwurf gestrichen, allerdings mit der Begründung, dass solche Zuwendungen sowieso jederzeit beschlossen werden könnten. Unberücksichtigt blieben die Vorschläge des Bundesfinanzministeriums, dass die Zuwendungen "degressiv", also gleichmäßig fallend gestaltet werden sollen. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte zudem einen Mindestbetrag eingefordert, den die Privatisierung erbringen soll. Das lehnt das Bundesverkehrsministerium mit dem Hinweis ab, dass "die Entwicklung des Kapitalmarktes nicht vorhersehbar" sei.

Für Tiefensee-Kritiker wie den FDP-Verkehrspolitiker Horst Friedrich ist das eine "unsinnige" Antwort. "Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun." Ein Mindesterlös solle sicherstellen, dass nicht vorschnell zu Lasten des Bundes und der Steuerzahler gehandelt wird. "Jeder private Hausverkäufer überlegt sich, was er mindestens haben will - sonst wird nicht verkauft." Insgesamt entstehe der Eindruck, dass das Verkehrsministerium "überhaupt nicht gewillt ist, eine argumentative Auseinandersetzung auf der Fachebene zu führen".

Bei so vielen strittigen Punkten ist unklar, ob der Zeitplan für die Bahnprivatisierung eingehalten werden kann. Während das Verkehrsministerium noch immer davon ausgeht, dass das Gesetz vor der Sommerpause, die am 7. Juli beginnt, ins Parlament kommt, rechnet der CDU-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich bis dahin nicht mit einem Beschluss. Er forderte eine Einbeziehung der Fraktionen in die Diskussion, bevor das Kabinett Fakten schaffe.

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