die wahrheit: 50 plus

Oder: Die Ballade von meinem Schwager Herbert .

50 plus...... Bild: reuters

Ich weiß, ich kann ja schließlich lesen,

und die Gewerkschaft tönt ja laut.

Bei Airbus (wo wars noch gewesen?)

schon wieder Stellen abgebaut.

Mein Gott, das muss man akzeptieren.

Der Wettbewerb ist schließlich hart.

Die Firmen müssen sich sanieren.

Das geht nur, wenn man Kosten spart.

Ich weiß, ich weiß, so Freistellungen

- was man ganz offen sagen muss -,

die treffen weniger die Jungen

als Ältere, ab fünfzig plus.

Zum Beispiel Schwager Herbert Krause.

Als Ingenieur hat der nicht schlecht

verdient, jetzt hockt er nur zu Hause

und geht mir auf die Nerven, echt.

"Von eins acht netto soll ich leben?

Und nächstes Jahr ists ganz vorbei."

"Mein Gott", sag ich, "so ist das eben,

genieß das doch, Mensch, du hast frei."

"Auf diese Freiheit kann ich pfeifen",

sagt er, "Dass ihr das nicht kapiert.

Ich bin ein abgefahrner Reifen,

vom TÜV geprüft und aussortiert."

"Sieht das denn", frag ich meinen Schwager,

dein Jobberater auch so krass?

Der hat doch sicher was auf Lager."

"Klar", sagt er, "willste wissen, was?

Tablettentester kann ich werden.

Voraussetzung: ich hab akut

und häufig Prostata-Beschwerden."

"Na, siehste", sag ich, "klingt doch gut."

"Ja, und die Nebenwirkungsfrage?",

mault Herbert. Also, Leute, echt:

Die Frage ist in seiner Lage

kaum angemessen, hab ich recht?

Und dennoch sage hilfsbereit ich:

"Ich hab da was für dich gecheckt:

Die fördern doch regierungsseitig

jetzt dieses tolle Leihprojekt:

Als Leihkirchgänger beispielsweise,

Gesangbuch gibt es kostenlos.

Kurt Beck sucht für die Wahlkampfreise

noch Leihgenossen, möglichst groß.

Auch Leihverwandter ist nicht übel.

Für Pflegeheimbesuche. Du,

der Job ist alterskompatibel

und krisensicher noch dazu.

Mein Gott, nun sei nicht so verdrießlich!

Mit etwas mehr Beweglichkeit

findest du was. Du hast doch schließlich

jetzt auch bis siebenundsechzig Zeit."

Das war wohl falsch. Wer kann das ahnen?

Er jedenfalls schmiss ansatzlos

den Übertopf, den porzellanen

zack an die Wand. Was hat er bloß?

Man muss ihn mal zusammenstauchen!

"Dann geh doch", rief ich ärgerlich,

zur Deichbefestigung, da brauchen

die alte Säcke, so wie dich!"

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kari

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