Leichathletik: Unerhört schnell

Der 18-jährige Robin Schembera will auf der 800-Meter-Strecke dem Olympiasieger Nils Schumann nacheifern.

Robin Schembera Bild: privat

KÖLN taz Weil Robin Schembera dem Plan seines Trainers immer um einige Schritte vorauseilt, musste Adi Zaar sich neue Ziele für den 18-jährigen 800-Meter-Läufer ausdenken. "Die Zeiten, die Robin jetzt läuft, waren eigentlich erst für 2008 geplant", sagt Zaar. Deshalb spricht der Mittelstrecken-Trainer des TSV Bayer 04 Leverkusen inzwischen ganz selbstverständlich vom Erreichen des Endlaufs bei der Leichtathletik-WM 2009 in Berlin, von der Qualifikation für Olympia 2008 in Peking - und dem Start beim Europacup am Wochenende in München.

Der Gymnasiast steigerte seine Bestzeit auf 1:46,61 Minute, ließ den sechsfachen deutschen Meister René Herms hinter sich und darf nun zum ersten Mal im Seniorenbereich mit dem Nationaltrikot seine Runden drehen. Zaar glaubt nicht, dass der Vergleich mit Europas Spitzenläufern eine Nummer zu groß sein könnte für den 1,86 Meter langen Läufer. "Er läuft offensiv, versteckt sich nicht und hat keine Angst vor großen Namen."

Und auch nicht vor den Bestzeiten seiner Gegner, die schon mal zwei Sekunden schneller sind als die eigene. Ende Mai rannte er in Rehlingen zwei Kenianer mit 1:44er-Bestzeiten im direkten Duell in Grund und Boden. "Da wusste ich noch nicht, wo ich stehe, und bin einfach mal mitgelaufen", sagt Schembera, "ich hätte ja gemerkt, wenn ich zusammengebrochen wäre." Ist er aber nicht. Stattdessen wurde er als Sieger gefeiert.

In München will es der Achte der europäischen Bestenliste genauso machen. Wahrscheinlich werde ohnehin ein eher taktisches Rennen gelaufen. "Und ich habe endlich mal wieder die Chance, ohne Druck in einen Wettkampf zu gehen, ich kann nichts verlieren", sagt er. In der U20-Altersklasse führt der Leverkusener die Weltbestenliste mit einem satten Vorsprung von über einer halben Sekunde an. Da werde eine Niederlage schnell als "Schande" gewertet.

Schembera kam als 14-Jähriger wegen eines beruflichen Wechsels seiner Mutter aus Halle/Saale nach Leverkusen. "Es war ein Geschenk des Himmels für mich als Trainer und für den Verein, dass so ein Talent plötzlich vor unserer Tür stand", sagt Adi Zaar. Der junge Läufer sei ungemein zielstrebig und verfüge über die herausragende Gabe, ein Rennen lesen und sich entsprechend in Position bringen zu können. Und Schembera ließ sich auf seinem Weg auch nicht beirren, als die Mutter ein Jahr später zurück nach Halle ging. Der damals 15-Jährige blieb. Er führt seither seinen eigenen Haushalt, im Teilzeitinternat des Landrat-Lucas-Gymnasiums, einer Eliteschule des Sports, gibt es Mittagessen und Hausaufgabenhilfe. "Das ist alles überhaupt nicht schwer", sagt Schembera, "ich hatte ja immer eine Freundin." Und Zeit für Einsamkeit habe er neben Schule und all dem Training ohnehin nie. Er ist ein 800-Meter-Läufer, der von internationalen Erfolgen träumt. Vermessen? "Ich träume da nicht nur von, ich will das auf jeden Fall realisieren." Nils Schumann, 2000 in Sydney Olympiasieger, habe gezeigt, was möglich ist.

Schumann hat aber auch vorgemacht, wie man unter Dopingverdacht gerät. Wenn er weiter den Prognosen seines Trainers vorausstürmt, könnte sich auch Schembera eines Tages Spekulationen ausgesetzt sehen. "Davon gehe ich aus", sagt der 18-Jährige, aber er wolle sich dadurch weder stören noch aufhalten lassen. "Jeder soll denken, was er möchte."

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