Medienkonzentration: ProSiebenSat.1 wächst

Durch die lang geplante Übernahme der Mehrheit an SBS Broadcasting entsteht Europas zweitgrößte Mediengruppe

Kein Komiker-Duo sondern ProSiebenSat1-Chef Guillaume de Posch und Patrick Tillieux von SBS. Bild: dpa

Der gut geschnittene Trailer zeigte, dass ProSiebenSat.1 den Deal schon seit längerer Zeit vorbereitet hatte: "200 Million Hopes, 200 Million Feelings, 200 Million Dreams", vermeldete der Einspieler, gezeigt auf einer eilends einberufenen ProSiebenSat.1-Pressekonferenz am Mittwoch in Unterföhring. Es galt einen Einkauf zu vermelden - und damit das Anwachsen der ProSiebenSat.1-Gruppe zum zweitgrößten TV-Netzwerk Europas. Für 3,3 Milliarden Euro wechselte der Mehrheitsanteil des niederländischen Fernsehkonzerns SBS Broadcasting an die Deutschen.

Zu den fünf deutschsprachigen TV-Sendern (ProSieben, Sat.1, Kabel 1, N24 und 9Live) kommen 19-Free-TV und 20 Pay-TV-Sender sowie 23 Radiostationen in Mitteleuropa, Skandinavien und den Benelux-Ländern. Es entsteht ein Medienkonzern mit 3,1 Milliarden Euro Umsatz. Die Mehrheitseigner bleiben die gleichen: die Finanzinvestoren KKR und Permira. Für Guillaume de Posch, ProSieben-Vorstandschef, ein perfekter Deal: "Unsere Gruppe und SBS ergänzen sich vor allem geografisch." Mit SBS ist die ProSieben-Gruppe künftig in 13 Ländern aktiv, erreicht 77 Millionen Fernsehhaushalte mit 200 Millionen Menschen.

Konkrete Auswirkungen für die deutschen Zuschauer sind noch nicht absehbar. Die neuen Synergiemöglichkeiten und erworbenen Programmideen werden nach Angaben von de Posch zwar 2008 in das Redesign der deutschsprachigen Sender einfließen. Gegenüber der taz wies der ProSieben-Vorstandschef jedoch darauf hin, dass die grundlegende Positionierung von Sat.1 und Co. bestehen bleibe. Allzu viel Kreativpotenzial ist von SBS im TV-Bereich sowieso nicht bekannt. In Bulgarien läuft "Megastar", die Idee kennt man aus Deutschland. In Schweden etwa sendet Kanal 5, der vor allem US-Serien abspielt, und Canal Plus, ein mit Premiere vergleichbarer Abosender, mit mittlerweile acht Film- und Sportkanälen.

Das "paneuropäische" Potenzial ist damit begrenzt auf Filme, Produktionsideen und Lizenzen, wie auch de Posch eingesteht: "Wir haben mit N24 den einzigen Nachrichtenkanal im Verbund." Europaweite Nachrichten nach dem Vorbild von CNN etwa, gibt es also nicht.

Neu für die ProSieben-Gruppe sind nicht nur die ausländischen TV-Stationen, denn in den Niederlanden verlegt SBS das größte gedruckte Wochenmagazin, und auch Radiostationen hatten die deutschen Eigentümer bislang nicht im Portfolio. "Mit SBS werden wir künftig 17 Prozent des Umsatzes abseits vom Fernsehen machen", vermeldete de Posch - und ist damit nicht unglücklich. Schließlich erweitert ProSiebenSat.1 mit dem SBS-Zukauf ausdrücklich seine Strategien um die Sparten "Neue Medien" und "Content".

Franz Wernecke, Vorstand der Deutschen Journalistenunion, sieht den neuen Player mit gemischten Gefühlen. "Wir wünschen uns neben RTL einen zweiten starken inhaltlichen Anbieter; der kann jetzt kommen, muss aber nicht." Aufpassen müsse man aber, was die angekündigten Synergieeffekte bewirken. "Denn wir beobachten völlig unabhängig von der Konzern-Internationalisierung, dass ProSiebenSat.1 derzeit Personal einspart", so Wernecke gegenüber der taz.

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