EU-Reform: Winzer fürchten um "Qualitätswein"

Mit den Plänen zur EU-Weinmarktreform sind die Winzer gar nicht zufrieden. Ihnen drohen weniger Beihilfen und ein Verbot der Zuckeranreicherung.

Die Winzer fürchten sich vor zu großen Einschnitten. Bild: dpa

BERLIN taz Weniger Wein, mehr Werbung: Das plant die EU-Kommission. Und dagegen haben auch die deutschen Winzer nichts. Doch das war es auch schon mit der Übereinstimmung. Mit den Details, die Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel am Mittwoch vorlegte, können sie sich nicht anfreunden.

Derzeit werden in der EU jedes Jahr 15 Millionen Hektoliter Wein hergestellt, die niemand kauft - bei einer Gesamtproduktion von 180 Millionen Hektolitern. Bislang reguliert die EU den Markt und gibt mehr als 500 Millionen Euro aus, um die Überproduktion in Industriealkohol zu verarbeiten. Damit soll nun Schluss sein. Stattdessen soll mehr Geld in Werbekampagnen fließen: So sollen die europäischen Winzer den Konkurrenten aus Kalifornien, Argentinien, Chile, Südafrika und Australien stärker als bisher entgegentreten. "Wir verschwenden zu viel Geld für die Beseitigung von Weinüberschüssen", sagte Fischer-Boel.

Um die Überproduktion zu stoppen, sollen zudem Wein-Flächen gerodet werden und finanzielle Anreize dafür geboten werden. Im ersten Jahr will Brüssel dafür 7.174 Euro pro Hektar bieten, in den folgenden vier Jahren sinkt die Prämie bis auf 2.938 Euro. Zudem sollen geerntete Trauben vernichtet werden, statt sie zu Alkohol zu verarbeiten. Damit erspart sich die EU die Kosten, die das Destillieren verursacht. "Damit hat man Spanien, Italien und Frankreich ins Boot geholt", erklärt Weinbauverbandspräsident Norbert Weber. Denn die größten Weinseen gehen auf das Konto dieser drei Länder. Sie kämpften entschieden gegen den ursprünglichen Plan, bis zu 400.000 Hektar in der EU zu roden. Die Kommission entschied sich nun für 200.000 Hektar. Doch auch diesen Vorschlag halten Winzer wie Weber für wenig sinnvoll. "Warum sollen Länder wie Deutschland oder Österreich, die die Dinge in Ordnung gehalten haben, dafür bluten, wenn das andere nicht tun", sagt Weber.

Doch auch die Weinbauern aus Frankreich, Italien und Spanien sind mit den Plänen der Kommissarin nicht recht zufrieden. Wie die deutschen Winzer wehren sie sich dagegen, Qualitätsstandards zu untergraben. Bisher können Konsumenten Tafelwein von Qualitätswein am Etikett unterscheiden - und nicht nur diese zwei Kategorien: Fast ein Dutzend Qualitätsstufen gibt es da, und für weniger Fachkundige kann das zu Verwirrung führen. Das geben Winzer auch zu. Dennoch: Zumindest Tafelwein müsse von Qualitätswein unterscheidbar sein, fordert der Weinbauverband.

Die Kommission sieht das anders. Sie glaubt, dass der europäische Weinmarkt damit punkten kann, dass auf den Etiketten nur noch von der Herkunft die Rede ist. Konsumenten, die Wein mit "Ursprungsbezeichnung" kaufen, können davon ausgehen, dass 100 Prozent der Trauben aus einer abgegrenzten Region kommen. Bei der künftig ebenfalls zulässigen "geografischen Angabe" können fünfzehn Prozent der Trauben aus anderen Gebieten stammen.

Und noch ein Punkt erregt den Unmut der deutschen Winzer: Die Anreicherung mit Zucker soll verboten werden. Sie wird eingesetzt, um den verminderten Alkoholgehalt durch zu wenig Sonnenschein auszugleichen. In südlichen EU-Ländern ist das verboten: Dort sollte stattdessen zur Anreicherung minderwertiger Traubensaft aus dem Produktionsüberschuss verwendet werden. Da das Konzentrat aber teurer als der Rübenzucker ist, wird es bislang von der EU gestützt. Damit soll nun Schluss sein - stattdessen sollen sämtliche EU-Länder nur noch dieses - folglich teurere - Mostkonzentrat verwenden.

Der Kommissionsentwurf soll den Agrarministern am 16. Juli offiziell vorgelegt werden. Nach einer Einigung geht sie anschließend ins Europäische Parlament.

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