Bahn: Freie Fahrt für neue Lokführerstreiks

Gericht erlaubt der Gewerkschaft der Lokomotivführer, zu Warnstreiks aufzurufen. Das Fahrpersonal verspricht aber, den Bahnverkehr vorerst nicht lahmzulegen

Gerichtlich erlaubt: Lokführer dürfen die Streikfahne raushängen : dpa

FRANKFURT/M. taz Die in der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) organisierten Bahnmitarbeiter dürfen ab sofort wieder streiken. Das Arbeitsgericht in Mainz gab am Sonnabend den Widersprüchen der GDL gegen zwei einstweilige Verfügungen eines anderen Arbeitsgerichts statt. Der Gewerkschaft waren darin auf Antrag der Bahn AG zunächst weitere Warnstreiks untersagt worden. Die GDL hätte die Friedenspflicht des Fahrpersonalvertrages nicht beachtet, hieß es in den jetzt aufgehobenen einstweiligen Verfügungen.

Dem Arbeitsgericht in Mainz hatte der Anwalt der GDL einen neuen Katalog mit Tarifforderungen vorgelegt. Danach sah für die IV. Kammer am Arbeitsgericht das Recht der GDL, Warnstreiks für mehr Gehalt und verbesserten Arbeitszeiten auszurufen, als gegeben an, da für diese Forderungen die Friedenspflicht abgelaufen sei. Der GDL-Vorsitzende Manfred Schell zeigte sich zufrieden: "Wir haben dieses Urteil erwartet", sagte Schell nach der Urteilsverkündung. Wie es weitergeht im Tarifstreit mit der Bahn AG weiß allerdings auch Schell nicht zu sagen.

Nach den gescheiterten Verhandlungen vom vergangenen Freitag wollen beide Seiten am Dienstag und am Mittwoch in Arbeitsgruppen versuchen, eine Kompromisslinie zu finden. "Ein eigenständiger Tarifvertrag für das Fahrpersonal bei der Bahn gehört aber nach wie vor zu den zentralen Forderungen", sagte Schell im Vorfeld der Gespräche; ebenfalls werde man nicht davon abweichen, deutlich mehr Gehalt und verbesserte Arbeitszeitregelungen zu verlangen. Mit einer Gehaltserhöhung von 4,5 Prozent, wie von der Bahn AG mit den Bahngewerkschaften Transnet und GDBA schon vereinbart, werde sich die GDL auf keinen Fall zufrieden geben.

Furcht vor neuen Warnstreiks brauchen Bahnreisende allerdings vorerst nicht zu haben. Vor der neuen großen Verhandlungsrunde zwischen Bahn AG und GDL werde man nicht zu Warnstreiks aufrufen, versicherte Schell. Der Bahnvorstand sei jetzt am Zug.

Der Bahnvorstand hat jedoch so gut wie keinen Verhandlungsspielraum. Macht er der GDL Zugeständnisse über die mit den anderen Bahngewerkschaften vereinbarten 4,5 Prozent und der Einmalzahlung von 600 Euro hinaus, wollen Transnet und GDBA den gerade erst unterzeichneten Tarifvertrag wieder aufkündigen. Bahnpersonalvorstand Margret Suckale erklärte am Wochenende denn auch schon einmal vorsorglich, dass es keine zwei Klassen von Bahnbeschäftigten geben werde.

Zudem befürchtet die Bahn AG, dass auch andere Spezialisten unter den Beschäftigten auf die Idee kommen könnten, eigene Gewerkschaften zu gründen, sollte die GDL einen umfassenden Verhandlungserfolg erzielen. Schließlich könnten nicht nur die Lokomotivführer den gesamten Betrieb lahmlegen; auch die Mitarbeiter in den Stellwerken hielten entsprechende Schlüsselpositionen besetzt. Das wäre dann der Kollaps für die Bahn, so die Befürchtung von Werner Bayreuther, Verhandlungsführer der Bahn AG, vor dem Mainzer Arbeitsgericht. Alleine die Buchhaltung wäre schon hoffnungslos überfordert, wenn demnächst jede kleine Gewerkschaft ihr eigenes Eldorado veranstaltet, sagte Bayreuther der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Schon mit den drei Bahngewerkschaften gebe es mehr als 400 Tarifverträge, die alle irgendwo miteinander verknüpft seien.

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