NRW: Landes-SPD offen für Rot-Rot

Fraktionschefin Kraft schließt - anders als SPD-Mehrheit - ein Bündnis mit der verhassten neuen Partei nicht aus.

Beck und Kraft:: Beim Umgang mit der Linken hört das gemeinsame Lachen auf Bild: dpa

KÖLN taz Trotz intensivster Abwehrbemühungen der Parteiführung köchelt in der SPD weiter die Debatte über mögliche rot-rote Koalitionen auch in Westdeutschland. Am Wochenende bekräftigte die nordrhein-westfälische Landes- und Landtagsfraktionsvorsitzende Hannelore Kraft, dass sie sich nicht auf die von SPD-Chef Kurt Beck propagierte schroffe Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der Linken verpflichten lassen will. "Klar ist, dass über Koalitionen in den Ländern die Landesparteien entscheiden", teilte Kraft barsch in Richtung Berlin mit.

Sie jedenfalls treffe drei Jahre vor der nächsten Landtagswahl in NRW noch keine Koalitionsaussage, beschied die Chefin des größten SPD-Landesverbandes die Welt am Sonntag. "Fast könnte man meinen, die SPD will uns mit ihrer Umarmung erdrücken - noch bevor wir im Landtag vertreten sind", kommentierte Die-Linke-Landessprecherin Ulrike Detjen süffisant.

Es ist keine besondere Zuneigung, die Kraft zu ihrem behutsameren Umgang mit der neuen Partei bewegt. Politisch trennen Kraft Welten von ihr: Die SPD-Frontfrau verteidigt bis heute entschieden die Agenda 2010 ebenso wie Hartz IV und die Rente mit 67. Auch die umstrittene Unternehmensteuerreform findet sie "grundsätzlich richtig". Entsprechend plädiert Kraft für eine "harte inhaltliche Auseinandersetzung" - und hofft mit Blick auf die rot-roten Verhältnisse in Berlin auf linke "Lerneffekte" auch an Rhein und Ruhr: In der Hauptstadt habe sich gezeigt, wie weit sich Die Linke "von ihrer populistischen Rhetorik entfernt, sobald sie Regierungsverantwortung trägt".

Der offizielle Gründungsparteitag des über 5.500 Mitglieder starken NRW-Landesverbandes der Linken ist für Mitte Oktober geplant. Wahrscheinlich wird sie dann bereits mit dem aus den Grünen ausgetretenen Rüdiger Sagel ihr erstes Landtagsmitglied vermelden können. Aufgrund des von der schwarz-gelben Regierung eingeführten neuen Wahlverfahrens stehen die Chancen, 2010 auch "ordentlich" per Wählervotum ins Parlament zu gelangen, recht gut. So geht Kraft davon aus, dass durch die Einführung der Zweitstimme "rein rechnerisch eine linke Mehrheit in NRW wahrscheinlicher" werde. Bereits 2005 kamen die seinerzeit noch getrennt kandidierenden WASG und PDS zusammen auf 3,1 Prozent.

Auch deshalb beteiligt sich die SPD-Landeschefin nicht an den immer wüster werdenden Schimpfkanonaden, die führende Sozialdemokraten gegen Die Linke abfeuern. Denn das könnte sie ihre ohnehin nur vage Perspektive kosten, im Jahr 2010 den derzeit amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers abzulösen. Kein einfaches Unterfangen, nicht nur weil die Mehrheit der Bevölkerung laut Umfragen Rüttgers für den bekanntesten Sozialdemokraten im Land hält: Die NRW-SPD befindet sich nach wie vor in einer tiefen Krise, kein anderer sozialdemokratischer Landesverband hat in den vergangenen Jahren so viele Mitglieder verloren - nicht zuletzt an die nun in der Linken aufgegangenen WASG. DGB-Landeschef Guntram Schneider fand dafür die treffende Formulierung vom "Fleisch vom Fleische der SPD".

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