Kommentar: Die Häuschen am Fluss

Weil die Briten ein Volk von Hausbesitzern sein wollen, bauen sie auch einfach Überschwemmungsgebite zu. Das neue Wohnungsbauprogramm verspricht keine Besserung.

Sie müssten es längst gelernt haben, mit Regen umzugehen. Schlechtes Wetter ist schließlich sprichwörtlich für Großbritannien. Ein anderes englisches Sprichwort lautet: "My home is my castle." Die Kombination aus beidem hat zur derzeitigen Überschwemmungskatastrophe beigetragen. Sie war absehbar. Die Regierung selbst hat vor drei Jahren gewarnt, dass die mangelnde Koordination zwischen privaten Wasserunternehmen, den Gemeinden und der Umweltbehörde zu Planungsfehlern führe: Es gebe keine Risikoabwägung, weil niemand die oberste Verantwortung trage.

Das neue Regierungsprogramm für den Wohnungsbau verspricht keine Verbesserung. Bis 2020 sollen drei Millionen neue Häuser gebaut werden, viele davon in Flussniederungen. Ein bestimmter Prozentsatz ist für "erschwinglichen Wohnraum" reserviert, damit sich auch niedrigere Einkommensschichten ein eigenes Haus leisten können. Man dürfe die Flutkatastrophe nicht für sein eigenes politisches Süppchen ausnutzen, sagte die Wohnungsbauministerin Yvette Cooper vorsorglich. Trotzdem höhnte die Opposition zu Recht, dass die Regierung die "Waschbeckensiedlungen der Zukunft" plane.

Es ist eine Frage der Prioritätensetzung. Großbritannien hat einen der höchsten Prozentsätze von Hauseigentum in der westlichen Welt. Jeder Brite strebt nach einem eigenen Haus, irgendwo müssen sie gebaut werden. Tewkesbury zum Beispiel, das diesmal besonders schwer von den Überschwemmungen betroffen ist, steht auf einer Flussaue, und zwei Mal im Jahrhundert wird der Ort überschwemmt.

Was tut man dagegen? Man investiert Unsummen in den Flutkatastrophenschutz. Oder man tut gar nichts und nimmt die Überschwemmungen hin, so wie in Shrewsbury. Die Umweltbehörde hatte dem Ort Mitte der Neunzigerjahre empfohlen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die Stadtverwaltung entschied sich dagegen, sie wollte den Ort nicht verschandeln. Was macht die Regierung nun? Was sie in solchen Fällen stets macht: Sie hat eine Untersuchung eingeleitet.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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