Osttimor: Unabhängigkeitsheld wird Premier

Die Ernennung des einstigen Unabhängigkeitskämpfers Xanana Gusmao zum Regierungschef soll Osttimors Krise beenden.

Der einstige Kämpfer und seine Bodyguards: Xanana Gusmao Bild: ap

BANGKOK taz Osttimors Präsident José Ramos-Horta hat gestern verfügt, dass sein Amtsvorgänger Xanana Gusmão neuer Regierungschef des Landes wird. Nach der Ankündigung soll vereinzelt Gewalt ausgebrochen sein: Enttäuschte Anhänger der Präsidentenpartei Fretilin sollen in Osttimors zweitgrößter Stadt Bacau Häuser angezündet und in der Hauptstadt Dili Steine geworfen haben.

Die Entscheidung zugunsten des bärtigen Unabhängigkeitskämpfers Gusmão fiel nach Wochen politischen Stillstands. Bei den Parlamentswahlen von Ende Juni hatte die bisherige Regierungspartei Fretilin mehr als 29 Prozent der Stimmen erzielt und 21 Parlamentssitze gewonnen. An zweiter Stelle hatte mit rund 24 Prozent und 18 Sitzen die schärfste Rivalin der Fretilin gelegen, die von Expräsident Gusmão neugegründete Partei "Nationalkongress für den Wiederaufbau Osttimors" (CNRT).

Allein regieren konnte demnach keine der beiden Parteien. Während es der ehemalige Unabhängigkeitsheld Gusmão aber verstanden hatte, mehrere Parteien in einer Koalition um sich zu scharen, beharrte die Fretilin darauf, dass sie als die Partei mit den meisten Wählerstimmen den künftigen Premier bestimmen dürfe. Es folgten politische Querelen, in deren Verlauf sich beide Seiten nicht darauf verständigen konnten, wer nun die neue Regierung stellen sollte. Gegenüber Gusmãos Koalition, die derzeit über 37 der insgesamt 65 Parlamentssitze verfügt, sieht sich die machtverliebte Fretilin nun in der Oppositionsrolle. Die Entscheidung von Präsident José Ramos-Horta, Gusmão mit der Regierungsbildung zu beauftragen, bezeichnete die Fretilin gestern als "nicht verfassungsgemäß" und kündigte rechtliche Schritte an.

Die rund 520.000 Wähler haben mit ihrem Votum vor allem eines deutlich gemacht: Sie trauten es keiner der Parteien zu, die massiven Probleme des von Armut und Gewalt gekennzeichneten Landes im Alleingang zu lösen. Das erst vor etwa fünf Jahren von Indonesien unabhängig gewordene Osttimor hat rund eine Million Einwohner, die Arbeitslosenquote beträgt 50 Prozent. Auch wollte das Volk offenbar nicht, dass eine Partei alle anderen dominiert, wie es die Fretilin unter dem umstrittenen Expremier Mari Alkatiri getan hatte. Alkatiri, der in Folge einer schweren politischen Krise vergangenes Jahr zurücktreten musste, hatte in den vergangenen Tagen sogar mit einem politischen Comeback geliebäugelt. Dies dürfte mit ein Grund gewesen sein, dass sich Präsident Ramos-Horta letztlich für eine Koalitionsregierung unter seinem politischen Verbündeten Gusmão entschieden hat.

Für die einst mächtige Fretilin bedeutet die Entwicklung einen tiefen Absturz. Im Jahr 2001 hatte sie noch 57 Prozent der Stimmen erzielen können. Doch das Volk gibt der Partei wesentliche Mitschuld an der schweren Krise vom vergangenen Jahr. Die Unruhe war durch die Entlassung von rund 600 streikenden Soldaten ausgelöst worden. Im April 2006 waren die Proteste eskaliert. Armee und Polizei spalteten sich in Ostler und Westler, es gab dutzende Tote.

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