Kino-Krise: Leinwand schaut in die Röhre

Berlins Filmtheater verzeichnen im ersten Halbjahr 2007 einen Besucherrückgang von fast 10 Prozent. Sinkende Umsätze gefährden vor allem die Off-Kinos.

Bringt die dritte Dimension dem Kino die Rettung? Wohl kaum. Bild: AP

Ist Kino doch nicht das Größte, wie es die bekannte Werbung vor dem Hauptfilm ankündigt? In Berlin wohl kaum. Die internationalen und deutschen Leinwandhits wie der neue "Harry Potter", "Die Simpsons" und "Der Fluch der Karibik" oder die Wiederaufführung des Oscar-Preisträgers "Das Leben der anderen" haben den Berliner Filmtheatern kein zusätzliches Publikum beschert. Vielmehr verzeichneten die 100 Kinos in der Stadt von Januar bis Juni 2007 einen deutlichen Besucherrückgang. Dies geht aus der neuesten Marktanalyse der Filmförderungsanstalt (FFA) hervor.

Die Berliner Kinolandschaft hat es laut FFA im ersten Halbjahr 2007 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit einem satten Minus von 9,2 Prozent besonders hart erwischt. Statt knapp 5 Millionen Zuschauer im ersten Halbjahr 2006 kamen nur noch 4,4 Millionen. Berlin rangiert damit noch hinter dem "allgemein feststellbaren Bundestrend" von gut 7 Prozent Rückgang, so die Statistiker der FFA. 2006 war für das deutsche Kino mit 135 Millionen Besuchern insgesamt und Zuwachsraten von 7 Prozent dagegen ein gutes Jahr gewesen.

Auch der Umsatz der Filmtheater von Mitte über Charlottenburg bis nach Pankow sank im ersten Halbjahr 2007 im Vergleich zu 2006 von 29,3 Millionen Euro auf nun 27 Millionen Euro. München, Frankfurt, Köln oder Leipzig verzeichnen ähnliche Einbrüche. Nur Essens Kinos konnten mit 12 Prozent plus zulegen.

Als Gründe für den Absturz an der Spree vermuten Kinoexperten nicht nur die um 1,5 Prozent gestiegenen Eintrittpreise und die vielen Überlängenzuschläge, die den Cineasten nicht gefallen. Sie machen dies auch am wachsenden DVD-Markt, mangelhafter Werbung, Kinoprogrammstruktur und Qualität fest. "Viele Häuser entwickeln kein Konzept, sondern muten ihrem Publikum fast alles zu. Das zieht dann die Konsequenzen", gibt ein ehemaliger Theaterleiter zu bedenken.

Zwar musste in diesem Jahr noch kein Kino in der Stadt schließen, dennoch hat sich der Anteil der Besucher bis Ende Juni 2007 im sogenannten Off-Kino oder Arthouse-Bereich um zwei Prozent verschlechtert. "Die Multiplexe konnten dagegen ihren Anteil von 46 auf 48 Prozent Kinobesucher verbessern", sagte Ingeborg Schulz, die die Marktdaten in der FFA auswertet. Zu welchen Konsequenzen dies auf dem Standortmarkt führt, wollte die FFA-Analystin nicht sagen. In Berlin brach die Kinolandschaft zuletzt 2005 ein, als gegenüber 2004 ein Besucherrückgang von 16 Prozent auftrat und vier große Kinos dichtmachten.

Als "keineswegs dramatisch" stuft Thomas Negele, Vorstandschef des Hauptverbandes Deutscher Filmtheater (HDF), die Situation ein. In den Sommermonaten hätten es die Häuser immer schwer. Im Herbst steigerten sich die Publikumszahlen wieder. Negele zur taz: "Ich gehe davon aus, dass wir Ende 2007 wieder mit 2006 gleichziehen werden." Möglich sei sogar eine Steigerung, weil eine Reihe guter und publikumsträchtiger Filme wie das "Bourne Ultimatum", "Ratatouille" oder "Stellungswechsel" in die Kinos kämen.

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