Sachsen-Kommentar: Musterland in Schwierigkeiten

Eigentlich könnte Sachsen als Musterland gelten. Vom Aufbau der Demokratie kann man das aber nicht behaupten.

Eigentlich könnte Sachsen als Musterland gelten: Arbeitslosenquote? Niedrig wie seit Jahren nicht mehr. Wirtschaftswachstum? Stark wie in keinem anderen Bundesland. Selbst die Staatsfinanzen sahen gut aus: Vergangenes Jahr wurde ein Landeshaushalt ohne Neuverschuldung vorgelegt. Durch den Absturz der Landesbank klappt das diesmal wohl nicht. Gleichwohl verläuft der wirtschaftliche Aufbau Sachsens ganz ordentlich.

Vom Aufbau der Demokratie kann man das aber nicht behaupten. 18 Jahre nach der friedlichen Revolution zeigt sich ein seltsames Tableau. Nach jüngsten Umfragen würde es CDU und SPD bei einer vorgezogenen Wahl nicht mal für eine große Koalition reichen - das gab es in der deutschen Nachkriegsgeschichte noch nie. Die CDU, ein Gemisch aus Blockflöten, Bürgerrechtlern und Zugezogenen, ist weniger verankert, als die erfolgreichen Biedenkopf-Jahre glauben machten. Weder in der Opposition noch als Regierungsjunior geben die Sozialdemokraten auch nur annähernd das Bild einer Volkspartei ab. In Umfragen sind sie so schwach, dass sie nicht einmal einen Ministerpräsidenten der Linkspartei ins Amt heben könnten.

Auch Dreierbündnisse sind schwer vorstellbar: Die FDP macht gerade mit einem Landeschef von sich reden, der in einer Rechtspostille schreibt. Die nur in Großstädten starken Grünen können weder Liberale noch Linkspartei leiden. Sie haben auf eine starke CDU gesetzt und sich etwa in der Haushaltspolitik deutlich von der Linkspartei abgegrenzt. Und neben den Demokraten dürften noch länger Abgeordnete der NPD sitzen, die dank ihrer Parlamentszugehörigkeit gut ausgestattet sind.

Ein Parlament mit vielen Parteien mag vielfältig sein. Wählerinnen und Wähler möchten jedoch einigermaßen abschätzen können, was für ein Bündnis die Partei ihrer Wahl eingehen könnte - sonst bleiben sie daheim. Der Politik im größten ostdeutschen Bundesland, das zeigt die Regierungskrise in Dresden, fehlt neben herausragenden Akteuren und gesellschaftlicher Verankerung vor allem die Übersichtlichkeit. Der Akzeptanz der Demokratie hilft das nicht.

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