Die Bahn: Bundesländer ziehen Notbremse

Hessens Verkehrsminister Alois Rhiel (CDU) rechnet mit Ablehnung des Privatisierungsgesetzes im Bundesrat. Stattdessen sollen die Länder die Bahnnetze übernehmen.

So nicht - das Privatisierungsgesetz wird wohl abgelehnt. Bild: dpa

Der Börsengang der Deutschen Bahn in der geplanten Form trifft weiter auf Widerstand in den Bundesländern. "Die Privatisierung in dieser Form darf nicht Wirklichkeit werden", sagte Hessens Wirtschafts- und Verkehrsminister Alois Rhiel (CDU) der taz. Er rechnet mit einer Ablehnung im Bundesrat, wo das Gesetz am 12.Oktober behandelt werden soll. Die Verkehrsminister hätten im August einstimmig beschlossen, dass das Gesetz nur dann eine Chance auf Zustimmung habe, wenn ein von den Ländern in Auftrag gegebenes Gutachten verfassungsrechtliche Bedenken ausräume. "Dafür sehe ich im Moment keine Perspektive." Das Gutachten wird am Montag veröffentlicht.

Durch die ablehnende Haltung der Länderkammer wird der Zeitplan von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), der das Gesetz noch in diesem Jahr unter Dach und Fach bringen wollte, immer enger. Denn auch im Bundestag haben die Privatisierungsgegner in der SPD eine Verzögerung des Gesetzgebungsverfahrens durchgesetzt. Sie hatten am Freitag erreicht, dass ihr Konzept der Volksaktie geprüft wird. Demnach sollen die Bahnaktien mit einer garantierten Verzinsung vor allem an Kleinanleger ausgegeben werden. Allerdings erhalten die Käufer mit den Aktien keine Stimmrechte.

Auch die CDU zeigt sich für dieses Modell offen. So erklärte Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich, die Union könne mit dieser Privatisierungsvariante leben. Rhiel sieht dieses Konstrukt inhaltlich kritisch, unter anderem weil es die Macht des Bahn-Vorstandes stärke. "Ich freue mich aber über die Diskussion, weil sie meinem eigentlichen Ziel dient: dieses falsche Gesetz zum Scheitern zu bringen."

Seine Kritik: Die vorgesehene Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums des Netzes an die Deutsche Bahn "zementiert ein erhebliches Diskriminierungspotenzial auf dem Gleis" und sei eine eine "gewaltige Verschleuderung von Steuergeldern". Schließlich rechne der Bund mit Einnahmen von rund 4 Milliarden Euro durch den Verkauf. Er müsse aber etwa 8 Milliarden Euro an die Bahn zahlen, wenn er nach 15 Jahren die wirtschaftliche Kontrolle über die Schienen zurückhaben wolle.

Außerdem hat Rhiel verfassungsrechtliche Fragen, die durch das von den Verkehrsministern in Auftrag gegebene Gutachten geklärt werden sollen. Im Mittelpunkt steht dabei, ob die im Grundgesetz festgeschriebene Verantwortung des Bundes für die Infrastruktur weiterhin erfüllt werde.

Rhiels Gegenmodell sieht neben der klaren Trennung von Fahrbetrieb und Schiene eine Übertragung der Regionalnetze an die Bundesländer vor. Diese könnten mit den Mitteln, die derzeit direkt vom Bund an die DB netz AG gingen, die Gleise instand halten. Allerdings müsse vor einem solchen Schritt klar sein, in welchem Zustand die Netze in den Regionen seien. Diese seien in den vergangenen Jahren von der Bahn "sträflich vernachlässigt worden". Es gebe bundesweit allein 2.300 Langsamfahrstellen. "Seit langem fordern wir einen aktuellen Netzzustandsbericht für jedes einzelne Bundesland mit klaren Zahlen und Fakten." Ohne einen solchen Report würden die Landesverkehrsminister der Privatisierung nicht zustimmen.

Die Bahn hält hingegen den aktuellen Netzzustandsbericht für ausreichend. "Jede einzelne Strecke ist mit Qualitätskennzahlen hinterlegt", sagte ein Bahnsprecher auf taz-Anfrage. Der Bericht liege dem Bund vor. Wie die darin enthaltenen Informationen aufbereitet würden, sei nicht Sache der Bahn, sondern des Bundes.

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