Kolumne Nebensachen aus Bangkok: Ohne Geld keine Stimme

Wenn Politiker die WählerInnen schmieren.

Weihnachten ist nicht mehr fern, und auch hier in Thailand freuen sich alle auf Geschenke. Wobei die Vorfreude der mehrheitlich buddhistischen Thais weniger mit dem Christfest zu tun hat. Vielmehr stehen fast zeitgleich Wahlen an: Am 23. Dezember werden Premierminister und Parlament bestimmt. Und dieser Urnengang dürfte spannend werden. Schließlich sind es die ersten Neuwahlen nach dem Militärputsch vom 19. September vorigen Jahres, durch den der umstrittene und als populistisch geltende Premier Thaksin Shinawatra gestürzt worden war.

Mit dem Buhlen um Wählerstimmen kommt eine gute alte Tradition auf: Stimmenkauf und -verkauf. Ein Großteil der Wähler signalisiert ganz klar: "No cash, no vote!" Nach aktuellen Umfragen in mehreren Provinzen einschließlich der Hauptstadt Bangkok haben rund 65 Prozent der knapp 3.800 Befragten zugegeben, dass sie ihre Stimme für Geld, für Wertgegenstände oder für von Politikern angebotene Begünstigungen verschachern würden. Und auch wenn sie Zeuge eines Wahlbetrugs bei anderen wären, würden sie das der Wahlkommission nicht melden, sagen 83 Prozent.

Stimmenkauf sei so tief in Thailands Gesellschaft verankert, dass es einer "kulturellen Revolution" bedürfe, um das Problem auszumerzen, moniert das Massenblatt Thai Rath. Nur Politiker mit den bestgefüllten Taschen haben demnach die größten Chancen, die nächsten Wahlen zu gewinnen. Erinnern wir uns an die 1990er-Jahre, an die Zeit wechselnder und sich zankender Koalitionsregierungen, die oft nicht einmal eine Legislaturperiode hielten. Einmal war ein Politiker zum Premier gewählt worden, dem man den Spitznamen "Mr ATM" verpasst hatte - nach der Bezeichnung für die hiesigen Geldautomaten.

Oder schauen wir zurück auf die Ära von Thaksin, der sein Geld, seinen Einfluss und die Medien dazu benutzte, seine Macht zu festigen. Bei Stippvisiten und Wahlkampagnen versprach er Dorfbewohnern fließendes Wasser, den Leitern der Schulen Computer für alle, und er verschenkte Kühe und Mobiltelefone. Das sei Stimmenkauf und Wählermanipulation, schimpften seine Kritiker. Doch die arme Landbevölkerung im Nordosten und Norden liebte ihn dafür.

Mit der Dezemberwahl steht Thailand eine besondere Schlammschlacht bevor. Weil Thaksins alte Partei "Thais lieben Thais" des Wahlbetrugs für schuldig befunden und per Gerichtsbeschluss aufgelöst wurde, streben seine Anhänger mit der neuen "Peoples Power Party" zurück an die Macht. Aber auch deren ärgste Rivalen, vor allem die "Demokratische Partei", wollen wieder regieren. Wie aber mit Wählern umgehen, von denen viele klarmachen: "Ohne Geld keine Stimme"?

Die Übergangsregierung unter Premier Surayud Chulanont hat erklärt, sie wolle dem Wahlbetrug einen Riegel vorschieben. Doch um das neue Gesetz, wonach Stimmenkauf mit Gefängnis bestraft werden kann, schert sich kaum jemand: In diesem Wahlkampf würden allein für den Stimmenkauf mehrere Milliarden thailändische Baht draufgehen, meldet die thailändische Presse. Die Bangkok Post kann sich eine Ermahnung an die Wähler nicht verkneifen: "Wenn ihr eure Stimmen verkauft, bekommt ihr eine korrupte Regierung. Das hättet ihr euch dann selbst zuzuschreiben." Schöne Bescherung.

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