Streit über Öffentlich-Rechtliche im Internet: ARD-Offerte stößt auf Anklang
Positives Echo auf das Angebot von ARD und ZDF: Verlage haben Interesse daran bekundet, online kostenlos öffentlich-rechtliches Filmmaterial zu benutzen.
Es scheint, als würde die Enteignungs- nun zu einer Aneignungsdebatte. "Was ARD und ZDF betreiben, ist die Enteignung der freien Presse", schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Juni - da schwelte die Debatte über die Digitalstrategien der Öffentlich-Rechtlichen bereits. Enteignung, ein mit dem Vorschlaghammer vorgebrachtes Argument, das die Diskussion sogar noch letzte Woche anheizte - Martin Stadelmaier, der Chef der in medienpolitischen Fragen wichtigen Mainzer Staatskanzlei, nannte es da "lächerlich".
Doch in diesen Tagen bekommt die Diskussion, die abgesehen von der immer schwelenden Grundsatzfrage, wo nur die Fernbedienung schon wieder ist, im Fachsegment "Medien" gerade eine der am erhitztesten geführten Debatten ist, einen neuen, etwas milderen Tonfall.
Die privaten Anbieter - Verleger (wegen der gebührenfinanzierten Onlineangebote der Öffentlich-Rechtlichen) wie Privatsender (wegen digitaler Kanäle wie EinsExtra und ZDF-Infokanal) - beklagen eine Wettbewerbsverzerrung. Doch dann brachten ZDF-Intendant Markus Schächter und ARD-Intendant Fritz Raff den Vorschlag ins Spiel, die Verlage könnten im Netz, wo die Dominanz des geschriebenen Wortes durch Multimediaangebote gebrochen wird, kostenlos Filmmaterial benutzen, das die Öffentlich-Rechtlichen angefertigt haben. Einige Verlagsvertreter äußern sich nun durchaus wohlwollend dazu.
Hans-Jürgen Jakobs etwa, der Chefredakteur von sueddeutsche.de, sagte der taz: "Das ist ein Gesprächsangebot, und ich denke, das werden etliche Häuser wahrnehmen." Man dürfe "jetzt nicht die Tür zumachen", so Jakobs. Schon Burda-Chef Hubert Burda (Focus) und WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach hatten Gesprächsbereitschaft signalisiert; Hombach etwa für eine Onlinezusammenarbeit mit dem WDR. "Wir suchen - angeregt durch Ministerpräsident Jürgen Rüttgers - nach Möglichkeiten der Kooperation und loten aus, wie wir uns ergänzen können", sagte er dem Spiegel.
Andere dagegen wären auf eine Kooperation mit den Öffentlich-Rechtlichen nicht angewiesen. Bei Spiegel Online etwa plant man eher, die eigene Marke "Spiegel TV" zu stärken. Erstaunlich wäre es auch, wenn welt.de oder stern.de auf das Angebot der Öffentlich-Rechtlichen zurückkämen - ist doch die Verbindung der Welt über den Springer-Konzern zu ProSiebenSat.1 und damit den Nachrichtensender N24 vorhanden und der Stern - wie der Nachrichtensender n-tv - ein Bertelsmann-Medium.
Zudem sind viele Fragen offen. Nur eine davon ist: Wie frei dürften sich die Verlage das Material aneignen? Tatsächlich: Mitten in der Debatte ist sie wieder am Anfang.
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