Ratgeber für Todesfälle: Der Tod ist zu teuer

Michael Schomers Werk über die Bestattungsbranche ist kein Enthüllungsbuch, sondern vielmehr ein praktischer Ratgeber inklusive "Checkliste für den Todesfall".

Jeder muss seine persönliche Form von Trauerbewältigung finden, schreibt Schomer. Bild: dpa

Der Tod ist populär. Im deutschen Fernsehen lief mit Erfolg "Six Feet Under", eine Serie über eine Bestatterfamilie in Los Angeles. Das aktuelle taz-Journal thematisiert den Tod. Im hessischen Fernsehen diskutierte man neulich eine Stunde lang über angemessene Formen der Bestattung. Und im Econ Verlag erschien gerade Michael Schomers' Buch "Todsichere Geschäfte" über die Bestattungsbranche. Die darin wiederholte Klage, der Tod sei ein Tabuthema, klingt eher nach dem ewigen Klischee vom Tabuthema Tod. Sicher wird etwa über Kinderbetreuung mehr diskutiert. Doch auch im Umgang mit den Toten zeichnet sich ein gesellschaftlicher Paradigmenwechsel ab.

Recht hat Schomers mit seinem Appell, man möge rechtzeitig mit seinen Angehörigen die erwünschte Art der Bestattung besprechen und sich über seine Möglichkeiten informieren. Direkt nach einem Todesfall haben die Hinterbliebenen dazu keine Zeit - und nicht die Nerven. Das ist das Herzensanliegen des Autors: "Jeder muss seine ganz persönliche Form der Trauerbewältigung finden und die Möglichkeit bekommen, sie frei von bürokratischen Vorschriften auszudrücken. Mein Buch will nicht nur Missstände aufzeigen. Es will auch Mut machen, seine Vorstellungen von Trauer durchzusetzen."

Zwei Gegner auf dem Weg dorthin hat Schomers bei seinen teils verdeckt geführten Recherchen ausgemacht: einerseits das Gros der Bestattungsunternehmen, andererseits die Friedhofsverwaltungen sowie die unterschiedlichen Bestattungsgesetze der Länder. Bei Bestattern wie Verwaltungen vermisst der Autor oft Pietät gegenüber den Toten, auch wenn diese als Motiv allen Handelns stets angeführt werde. Ältere Menschen mit Interesse an Vorsorgeverträgen oder trauernde Angehörige müssen sich zudem oft entmündigt fühlen, es sei denn, sie geraten an einen mitfühlenden Bestatter. Solche fand Schomers aber gerade in Großstädten kaum.

Als angeblich Betroffener hat er sich von Bestattern beraten lassen und konnte so nachweisen, dass sie in erster Linie Geld verdienen wollen - sei es mit undurchsichtigen Pauschalangeboten, abnormen Zuschlägen beim Verkaufspreis der Särge oder indem sie verschweigen, dass Tote auch zu Hause aufgebahrt werden dürfen. Der Markt ist genauso hart umkämpft wie in jedem anderem Gewerbe. Da es um Sterbende und um trauernde Hinterbliebene geht, bleibt freilich ein schaler Nachgeschmack, wenn Schomers den Verdacht nahelegt, Bestattungskonzerne bemühten sich intensiv um Patientendaten aus Krankenhäusern und Altenpflegeheimen, um möglichst viele Vorsorgeverträge abzuschließen.

Andererseits darf man sich empören, aber kaum wundern, dass in Kliniken die Prosektur, die Leichenaufbewahrung, oft nahe bei den Müllcontainern liegt. Und natürlich stimmt zudem: "Friedhöfe sind auch Wirtschaftsunternehmen. Und da fängt das Problem an", wie Schomers schreibt. Zumal es in Deutschland als einzigem Land in Europa den sogenannten Friedhofszwang gebe.

Der Autor nennt Zahlen, wonach die Mehrheit der Deutschen es akzeptieren würde, begrübe der Nachbar die Asche eines Angehörigen im Garten. Er nennt den "Friedhofsrebellen" Bernd Bruns, der es dank eines "Umwegs" über die Niederlande geschafft hat, den Friedhofszwang auszuhebeln. Und er nennt die Argumente der Friedhofsverwaltungen, die angemessene Totenruhe nur auf ihren äußerst reglementierten Anlagen gewahrt sehen, es aber zum Beispiel zulassen, dass neue Wege über den Gebeinen von Toten verlegt werden.

Michael Schomers berichtet von bornierter Bürokratie und unverschämt teuren Gebühren für Extraleistungen auf deutschen Friedhöfen, doch auch von individuelleren und bereits nach heutigem Recht möglichen Bestattungsformen. Seine Sympathie gehört etwa dem Bestatter Fritz Roth, der in Bergisch-Gladbach Deutschlands ersten privaten Urnenfriedhof eingerichtet hat. Die Grabsteine müssen dort nicht die Maße 60 mal 120 Zentimeter einhalten, sondern dürfen nach Wunsch gestaltet sein.

Das Buch legt trotz seines mitunter spekulativen Duktus nicht so sehr Skandale offen, vielmehr ist es ein Ratgeber inklusive "Checkliste für den Todesfall" und Richtpreisen für einzelne Bestatterleistungen. Es kann dazu beitragen, dass sich mehr Menschen bewusster und rechtzeitig über die Form ihrer letzten Ruhestätte Gedanken machen - auch als Dienst an den Hinterbliebenen.

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