Kommentar Annapolis-Gipfel: Nahostkonflikt als Projektionsfläche

Bei der Konferenz in Annapolis geht es darum, Interessenüberschneidung arabischer Regierungen mit den USA zu artikulieren. Palästinenser und Israelis sind wieder Projektionsfläche.

Niemand hatte tatsächlich geglaubt, die Konferenz in Annapolis würde die Wende im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern bringen. Zwei schwache Regierungen ohne echte Verhandlungslegitimation und Durchsetzungsfähigkeit sprechen miteinander - na und? Insofern kann auch niemand ernsthaft über das magere Ergebnis der Konferenz in den USA enttäuscht sein. Die empörten und die "Show" verurteilenden Kommentare in manchen Medien der Region sind insofern heuchlerisch.

Wer hingegen davon spricht, allein das Zustandekommen der Konferenz mit dieser Teilnehmerliste sei bereits ein Erfolg gewesen, kommt der Sache näher. Nur: Mit der Lösung des Israel-Palästina-Konfliktes hat das nur bedingt zu tun. Genauer: Ein Tätigkeitsnachweis an der Palästina-Front ist Voraussetzung für die neue Allianz der USA mit den "gemäßigten" sunnitischen arabischen Staaten. Und die wendet sich gegen den Iran.

Denn darum ging es eigentlich: Die Interessenüberschneidung der arabischen Regierungen mit den USA, nämlich die immer stärkere Rolle des Iran in der Region einzudämmen, sollte sich endlich auch artikulieren. Ohne eine Dynamik suggerierende Symbolik im Israel-Palästina-Konflikt aber ist das nicht zu haben. Nur zu gut wissen auch die arabischen Machthaber um die Popularität von Irans Präsidenten Mahmut Ahmedinedschad in der arabischen Welt - und die der mit ihm verbandelten radikalen Palästinenserorganisationen sowie der libanesischen Hisbollah. Und nicht wenige arabische Regierungen schauen genauso besorgt auf Irans Atomprogramm wie die USA.

An Irans Aufstieg zur dominierenden Regionalmacht sind weder seine Nachbarn noch die USA interessiert. Palästina ist dabei der Schlüssel, diesen Aufstieg zu behindern - oder das Schlachtfeld, auf dem der Konflikt blutig ausgetragen wird. Palästinenser und Israelis sind wieder einmal Projektionsfläche, der Schauplatz eines Stellvertreterkrieges. Dass das so sein kann, haben ihre Führungen jahrzehntelang möglich gemacht. Annapolis hat daran - leider - nichts geändert.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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