PC-Registrierung nötig: EU verschärft Waffenrecht
Trotz aggressiver Lobbykampagne hebt Europa die Standards für den Waffenkauf. Ab 2014 müssen in Europa gehandelten Waffen gekennzeichnet und registriert werden.
BRÜSSEL taz Anfang September erregte Innenminister Wolfgang Schäuble mit der Idee Aufsehen, das Erwerbsalter für großkalibrige Sportwaffen von 21 auf 18 Jahre zu senken. Er nehme damit europäische Änderungen vorweg, erklärte er. Nach Protesten zog Schäuble den Vorschlag zurück. Am Donnerstag wurde im Europaparlament das neue europäische Waffengesetz beschlossen. Es legt aber nur Mindestanforderungen fest. Die strengeren deutschen Vorschriften können bleiben.
Nach Schäubles Vorstoß fragten sich viele, was ausgerechnet den Mann, der überall Verbrechen wittert, bewegt haben mochte. Vielleicht hatte er ja einen Brief von der "Legalwaffen-Föderation" erhalten. Deren Mitglieder schreiben gern. So beglückten sie die grüne Abgeordnete Gisela Kallenbach mit Post - wie auch Jagd- und Sportschützenverbände in Frankreich, Österreich und Deutschland.
Kallenbach hatte im Europaparlament die Neufassung der Waffenrichtlinie betreut und die langwierigen Verhandlungen mit 27 Mitgliedsstaaten und der Kommission geführt. Sie setzte durch, dass alle in Europa gehandelten Waffen gekennzeichnet und beim Kauf per Computer registriert werden müssen - allerdings erst ab 2014. "Ein früherer Zeitpunkt war politisch nicht durchsetzbar." Auch mit der Forderung, Internet-Waffenhandel zu verbieten, setzte sie sich nicht durch. Immerhin gilt jetzt europaweit ein Erwerbsmindestalter von 18 Jahren. Käufer müssen einen Grund für den Waffenkauf angeben und nachweisen, dass sie psychisch stabil sind.
Von den aggressiven Kampagnen der Waffenlobby wurde Kallenbach überrascht. Im Internet lässt sich nachlesen, wie die "Legalwaffen-Föderation" die Abgeordnete von ihren Plänen abzubringen versuchte: "Im November 1938 haben die Nazis ein Waffenverbot für die deutschen Juden verfügt. Es war der Beginn der systematischen Judenverfolgung waffenlose Opfer eines entmenschten Systems. Seither steht Entwaffnung für Völkermord und Versklavung."
Kallenbach griff ebenfalls zum Stift und warb für ihr Projekt: "Es ist schwer nachzuvollziehen, warum grundsätzlich Kraftfahrzeuge und Fahrerlaubnisinhaber in nationalen Dateien registriert sind - und dieser Fakt akzeptiert wird, bei Waffen aber von einem Angriff auf die Menschenrechte gesprochen wird." Jede Kuh, schrieb die Grüne, werde in Europa per Computer erfasst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!