Werder-Niederlage: Launische Egotrips

Werder Bremen lässt es bei der 3:4-Niederlage gegen Hannover 96 vor allem an Disziplin fehlen und hat auch noch Kommunikationsprobleme mit dem bayerischen Schiedsrichter

Wollte die Niederlage nicht wahrhaben: Werder-Trainer Thomas Schaaf Bild: dpa

Auch am Tag danach war der Redebedarf noch gewaltig. Geht bei Werder Bremen im Liga-Alltag alles seinen gewohnten Gang, bleibt Klaus Allofs dem Weserstadion sonntags gerne fern und genießt die ländliche Idylle des Umlandes. Doch statt auf einem Spaziergang in den Wümme-Wiesen weilte Allofs gestern auf dem Trainingsareal am Osterdeich. Und sprach dort lange mit Trainer Thomas Schaaf und Abwehrmann Naldo. Denn es gilt zu verhindern, dass der Tiefschlag der 3:4 (2:3)-Niederlage bei Hannover 96 dem ersten Bundesliga-Triumph der Niedersachsen in diesem Nordderby seit 35 Jahren weiteren Schaden anrichtet. Ausgerechnet vor dem entscheidenden Champions-League-Spiel morgen bei Olympiakos Piräus, wo Bremen um den Achtelfinaleinzug kämpft, hätte es solch ein Spiel nicht gebraucht.

"Wir dürfen uns nicht so aus dem Konzept bringen lassen", sagte Allofs, "dieser Rückschlag war völlig unnötig." Und Schaaf mäkelte, "dass wir bei aller Offensive auch auf die Defensive achten müssen". Zudem standen auf der langen Fehlerliste längst überwunden geglaubte Mängel, die die Bremer schon bei der 0:3-Niederlage am fünften Spieltag bei Borussia Dortmund offenbarten. "Wie in Dortmund haben wir uns auf ein Niveau begeben, das uns nicht guttut. Wir hatten unsere Nerven nicht unter Kontrolle", mäkelte Allofs, "wenn wir eiskalt geblieben wären, hätten wir souverän gewonnen."

Stattdessen leistete sich das grün-weiße Ensemble in einem der unterhaltsamsten Bundesliga-Spiele dieser Halbserie zu viele taktische und törichte Undiszipliniertheiten, die fast zwangsläufig in die späte Rote Karte gegen Hugo Almeida mündeten. Der Gipfel der Unbeherrschtheiten spielte sich nach Abpfiff unbemerkt von den TV-Kameras ab. Ronaldo Aparecido Rodrigues, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Naldo, ließ sich von nichts und niemand dazu bewegen, noch in die Fankurve zu gehen. Allofs wollte den frustrierten Brasilianer aufhalten, griff ihm zwei-, dreimal an den Arm, um deutlich zu machen, dass die Danksagung bei der mitgereisten Anhängerschaft auch nach Niederlagen zum Pflichtprogramm eines Profis zählt. Naldo aber stieß seinen Manager weg, der deshalb das Team noch in Hannover zur kollektiven Schelte in der Kabine "zusammenrollte", wie der Rheinländer erklärte. "Es kann nicht jeder für sich beleidigt sein und sein Ego pflegen", rüffelte der 51-Jährige, "uns zeichnet gewöhnlich Disziplin auf und außerhalb des Platzes aus." So verschluderte der Tabellenzweite die Chance, aus der Münchner Nullnummer Kapital zu schlagen.

Indirekt ließ Allofs noch vor Ort Groll gen Bayern ab: Referee Wolfgang Stark aus Ergolding bekam ebenfalls die volle Breitseite ab. "Die Kommunikation zwischen Herrn Stark und Werder ist nicht so, wie wir das von einem internationalen Schiedsrichter erwarten. Von Weitsicht zeugt die Ansetzung nicht." Besser sei es, so urteilte der aufgebrachte Allofs, der Bayer Stark pfeife keine Bremer Spiele mehr. Mit Verlaub: Nicht die Pfiffe, sondern die Fehler entschieden einen spektakulären Schlagabtausch, sodass drei Tore durch Markus Rosenberg (10. und 54.) und Diego (41./Foulelfmeter) wenig nützen. Was auch daran lag, dass der unter Trainer Dieter Hecking erstarkte Gastgeber in seiner Sturm-und-Drang-Phase vor der Pause die Malaise des grippegeschwächt ins Spiel gegangenen Per Mertesackers konsequent ausnutzte.

Davon profitierte vor allem der zuletzt viel kritisierte 96-Mittelstürmer Mike Hanke, der seine Saisontreffer sechs, sieben und acht produzierte (12., 21. und 77.) und das Eigentor von Frank Baumann mit seiner Flanke provozierte (20.). "Für einen Stürmer wie mich ist es leichter, wenn der Gegner mitspielt", sagte Hanke grinsend. Bei seinem Siegtor war der schwächelnde Widerpart Mertesacker indes längst nicht mehr auf dem Platz, sondern lag erschlafft "wie ein langes Elend auf der Pritsche" (Allofs) und sah sich das traurige Ende bei seinem Ex-Klub auf dem Kabinenfernseher an. Gestern bekam Mertesacker Medikamente, um heute mit nach Athen fliegen zu können. Denn will Werder morgen im Karaiskaki-Stadion besser aussehen, sollten alle schnell wieder aufstehen.

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