Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Claus Kleber ist ein Verlust - fürs ZDF. Denn er beherrscht nicht nur sein Handwerk, sondern hat auch Haltung. Gleiches ließe sich neuerdings auch über Borussia Dortmund sagen.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Auf Autobahntoiletten muss man für 50 Cent einen Wertgutschein kaufen, um müssen zu dürfen. Den löst man anschließend gegen Kaffee ein und - von vorn. Thats fucking Marktwirtschaft!

Was wird besser in dieser?

Man wird das Verfahren ausnahmsweise nicht rationalisieren. Man wird also keinen Kaffee bekommen, wenn man gleich auf den Tresen pisst.

Alice Schwarzer hört überraschend als Chefin von Emma auf. Eine Chance?

Riesenchance - jetzt auch mal eine Frau als Emma-Chefin. Das Bild-Testimonial Schwarzer musste schon tief ins Feindesland, um die Männlein zu finden, die ihren ideologischen Bedürfnissen nahekamen. Dass sie sich mit den katholischen Pfaffen geschmeidig einigen konnte, die Eingangskontrolle am Pornoshop gemeinsam zu machen, war inhaltlich ihr Abschied.

Matthias Matussek wird als Spiegel-Kulturchef gefeuert. Ein Verlust?

Im Gegensatz zu Matus- verbindet Vorgänger Kara- sein Austeilen mit erheblichen Nehmerqualitäten. Matussek hatte gegen Ende die Neigung, bei jeder roten Verkehrsampel "Guten Abend, meine Damen und Herren " loszustatementen. Und was dann kam, war mitunter hemmungslos davon beseelt, bei jedem Unsinn wenigstens der Erste zu sein, der ihn von sich gibt. Beim nächsten -sek wird alles besser!

Claus Kleber soll Spiegel-Chefredakteur werden. Ein Gewinn?

Ein Verlust, fürs ZDF jedenfalls. Ein Moderator besteht zu 51 Prozent daraus, dass er gestern auch schon da war, das macht es der jungen und mehrfach durcheinandergewürfelten Riege der ARD-"Tagesthemen" so schwer. Kleber dagegen ist längst auf dem Weg zum tradierten Wohnzimmermöbel, und dazu bringt er - neben solidem Handwerk - auch Haltung mit. Eine echte Überraschung, denn die Vermutung, vor allem der Fernsehjournalist Aust sei als Chefredakteur gescheitert, wäre damit sehr fragwürdig.

Die Innenminister wollen NPD-nahen Organisationen den Finanzhahn zudrehen. Ist das eine gute Idee?

Das ist Gebastel, denn die Parteienfinanzierungsparteien wissen genau, dass sie die Schlange NPD an der eigenen Brust genährt haben. Diese Selbstbedienung nun auch noch auf bestimmte Parteien zu reduzieren wäre bizarr. Da die FDP unter der deutschen Vereinigung geräuscharm die NDPD der DDR eingesackt hat, könnte man Westerwelle ja zum Beispiel an ungeraden Tagen Geld überweisen, an geraden zurückbuchen.

Wäre es, wenn rechtlich machbar, richtig, die NPD zu verbieten?

So fragwürdig das KPD-Verbot gewesen sein mag, so nachhaltig wirkte das Verbot der "Sozialistischen Reichs-Partei", einer NSDAP-Nachfolgeorganisation in den frühen 50ern. Wobei mit der anderen Hand die Adenauer-Regierung allerhand "Es war ja nicht alles schlecht"-Veteranen zu Amt, Ehren und Geld in der neuen Republik kommen ließ. Dummerweise enthalten NPD und ihr Umfeld nichts, was man zum Zwecke der Spaltung demokratisieren könnte. Eher punkten sie ja mit dem, was auch die SPD in den unseligen 90ern an Asylbewerberfeindlichkeit zum Beispiel rausgekotzt hat. Es ist an der Union, klare, demokratische Positionen zu beziehen, die für KonservaTiefste attraktiv sind. Na ja, oder Strauß klonen.

Und wie sieht es mit einem Verbot der Scientology-Sekte aus?

Keine Ahnung. Wenn sie schon mal keine deutschen Kirchenprivilegien genießen, ist etwas getan.

Was soll man denn sonst noch verbieten?

So wenig wie möglich.

Am Donnerstag wird vor dem Bundesverwaltungsgericht der Fall des vom Verfassungsschutz überwachten linken Abgeordneten Bodo Ramelow verhandelt. Warum macht der Verfassungsschutz so einen Unfug?

Weil er auch ein politisches Instrument ist; die eine Landesregierung lässt Zeitung X beobachten, die andere Politiker Y. Vielleicht wäre Supervision durch die Staatsanwaltschaften besser als durch die Innenministerien - aber da die Innenministerien dann die Staatsanwaltschaften anleiteten, isses eh wurscht. Der Fall Ramelow lädt in ganz besonderer Weise zum bewährten Kampfruf jetzt auch in westdeutschen Mündern: "Wir wollen unsere Akten sehen".

Alle sind gegen superhohe Managergehälter, auch die CDU. Ist das mehr als billiger Populismus?

So was wird vom Verbraucher bezahlt, es ist ja in den Kaufpreisen der Waren versteckt. Erneut: Die Verbraucher sind die neue Macht in dieser Gesellschaft, der die gleichen Menschen als mögliche Arbeitnehmer zunehmend schnuppe sind. Streikte die Belegschaft, weil sie obszöne Chefgehälter erwirtschaften muss, kämen morgen neue Leute. Streikte der Verbraucher, geschähe sofort etwas.

Der Post-Konkurrent PIN, der Springer gehört, entlässt 880 Mitarbeiter - wegen des Mindestlohns. Ist das ein Beweis, dass der Mindestlohn Arbeitsplätze vernichtet, wie Konservative sagen?

Das ist der Beweis, dass sich das Zustellgeschäft nur lohnt, wenn man menschenunwürdig zahlt. Was Springer offenbar möchte.

Und was macht Borussia Dortmund?

Alle fassungslos. Die Spiele in Stuttgart und gegen Bielefeld soll laut Augenzeugen eine komplett andere Mannschaft geliefert haben als zuvor. Exwirtschaftsminister Werner Müller hat, als neuer Trikotsponsor "Evonik", "mehr Kampfgeist, Einsatz und Leidenschaft gesehen". Da er dies im Prekariatsbulletin Capital mitteilte, dürfte die Geheimhaltung funktionieren. Oder die Spieler wollen sich durch gute Leistungen von dem inhaltsfreien neuen Namen der guten alten "Ruhrkohle" distanzieren. Oder sie stellen sich hinter Trainer Thomas Doll, nachdem Gerüchte den als "zu weich" anzweifelten.

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