Mindestlohn-Debatte: PIN stirbt noch etwas länger

Erst kurz vor Weihnachten will der Springer-Konzern über die Zukunft der Billigpost entscheiden. Auch ohne Mindestlohn soll der Verlust der PIN AG bei 55 Millionen Euro liegen.

Ein Flopp für Springer-Chef Döpfner: Die PIN AG Bild: ap

BERLIN taz Die Axel Springer AG will sich bei der Entscheidung, wann, ob und wie sie ihre PIN Group sterben lässt, noch ein Türchen offenhalten: Der Aufsichtsrat des Medienkonzerns befasste sich nach Meldungen von Montag Nachmittag doch noch nicht abschließend mit dem Schicksal seiner angeschlagenen Postzustell-Tochter. Nun soll offenbar doch noch die Bundesratssitzung am 20. Dezember abgewartet werden, die in Sachen Post-Mindestlöhne entscheidet.

Laut Springer ist die offiziell in Luxemburg residierende PIN AG bei den vorgesehenen Mindestlöhnen für ZustellerInnen von bis zu 9,80 Euro pro Stunde nicht mehr konkurrenzfähig. Der Berliner Konzern ist mit 63,7 Prozent der Anteile PIN-Haupteigentümer, jeweils rund fünf Anteilsprozente entfallen auf die Pressekonzerne WAZ (Essen), Madsack (Hannover) und Holtzbrinck (Stuttgart). Bei PIN arbeiten rund 9.000 Menschen.

Während Springer die Bundespolitik mit ihrer Entscheidung pro Mindestlohn allein verantwortlich für das PIN-Debakel macht, weisen laut Presseberichten Branchenkreise darauf hin, dass der PIN Group schon jetzt zweistellige Millionenbeträge für laufende Ausgaben fehlten. Diverse Probleme hätten nichts mit künftigen Mindestlöhnen zu tun, sondern seien - wie Engpässe im bundesweiten Logistik-Netz - hausgemacht. Die Financial Times Deutschland berichtet von mindestens 55 Millionen Euro Verlust in diesem Jahr.

Dies trifft vor allem Springer-Chef Mathias Döpfner, der dem Presse-Konzern mit der PIN Group einen weiteren Entwicklungsschub geben wollte, jetzt aber mit Abschreibungen von bis zu 600 Millionen Euro konfrontiert sein könnte. Denn erst im Sommer hatte der Konzern für rund 510 Millionen Euro die Mehrheit an der PIN AG übernommen - ein schon damals von Branchenkennern als zu hoch bewerteter Preis. Dumm für Döpfner, der Springer seit 2002 als Vorstandsvorsitzender leitet und ihn zuletzt von Rekordergebnis zu Rekordergebnis - Jahresüberschuss 2006 stolze 291 Millionen Euro - führte. Zudem ist es bereits der zweite große Flopp der Ära Döpfner: 2006 scheiterte der Plan, die Sendergruppe ProSiebenSat.1 zu übernehmen und aus dem Zeitungshaus Springer endlich einen auch im elektronischen Bereich starken Medienkonzern zu schmieden. Das Bundeskartellamt wie die Medienkonzentrationsbehörde KEK hatten damals den Deal untersagt - Schuld hatte nach Springer-Sicht auch hier die Politik. Immerhin mit dem klassischen Pressegeschäft verdient der Konzern, der darüber hinaus an diversen privaten Radiostationen beteiligt ist, weiterhin gutes Geld: In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2007 lag der operative Gewinn nach Springer-Angaben bei 267,2 Millionen Euro.

Ein Verkauf der PIN AG gilt nach Branchenberichten nun aber als aussichtslos - denn auch der zunächst als mögliche Käufer gehandelte niederländische Postdienstleister TNT will sich im Falle eines Mindestlohns in der deutschen Postbranche alle Optionen offenhalten. "Alles ist möglich", sagte ein Unternehmenssprecher am Montag.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.