Buch über US-Protestbewegung und APO: God bless Bommi and Till

Zwei Veteranen der "Bewegung 2. Juni" haben ein Buch über die US-amerikanische Protestbewegung und ihren Einfluss auf die deutsche APO geschrieben.

Ein Stückchen vom Buchcover: Der Herr schwenkt übrigens eine US-Flagge. Bild: rotbuch

Ohne den Vietnamkrieg hätte es die Protestbewegungen der späten Sechziger nicht gegeben. Eine banale Einsicht, sollte man meinen. Doch liest man "Radikales Amerika", das Buch, mit dem Bommi Baumann und Till Meyer, zwei Veteranen der damaligen "Bewegung 2. Juni", sich vorgenommen haben zu erzählen, "wie die amerikanische Protestbewegung Deutschland veränderte", stellt man fest: Ohne die amerikanische Gegenkultur hätte es all die Gruppen wohl auch nicht gegeben.

Das Ziel von Baumann und Meier ist es nicht, "die US-amerikanische Protestbewegung in allen ihren Facetten und Strömungen aufzuschlüsseln", schreiben sie im Vorwort. Vielmehr gehe es darum "das Verbindende aller Strömungen aufzuzeigen: den Widerstand gegen den Vietnamkrieg". In Zeiten des Irakkriegs riecht dies etwas nach Nostalgie. Ihr Vorhaben scheint es denn auch, die einstige APO-Generation, die sogenannten 68er nachträglich vom Vorwurf des Antiamerikanismus freizusprechen.

Bommi Baumann geht gleich in die Vollen, wenn er erklärt, "speziell die amerikanischen Truppen" hätten im Sommer 1944 bei der Landung in der Normandie (die den Sieg der Alliierten über Hitler-Deutschland im Westen einleitete) neben massenhaftem Militärmaterial auch "eine Massenkultur, geprägt von Jazz und Hollywood und einem Individualismus" ausgeschifft. Insbesondere die neue, bis dato weitgehend unbekannte Musik, neben Jazz auch Blues und Rock n Roll ist ihm wichtig, da sie - auch das politische - Bewusstsein erweitert habe.

Nun übersetzt sich das Tragen einer Jeans nicht automatisch in politisches Bewusstsein, die meisten Jazz- oder Rock-n-Roll-begeisterten Jugendlichen sind später dennoch einen bürgerlichen Weg gegangen. Die Verbindung von Kultur und Politik bleibt bei Baumann/Meyer nebulös. Lachreiz erzeugt der Voluntarismus gegen Ende. Der Schlusssatz lautet: "God bless America". Oh, Bommi.

Till Meyer liest sich kaum besser: Er dekliniert mit Verve die US-amerikanischen Protest- und Bürgerrechtsbewegungen jener Zeit durch. Dies geschieht vorwiegend anhand alter Zeitungen und von Archiven, die über das Internet eingesehen wurden - sowohl Baumann wie Meier haben seit Jahrzehnten ein Einreiseverbot in die USA. Das Auffinden von alten Originaldokumente - die den größten Teil des Buches ausmachen - dürfte so etwas umständlich gewesen sein.

Doch Till Meyer wäre nicht Till Meyer, würde er dabei nicht auch noch herausgefunden haben, was aus all den heroischen KämpferInnen geworden ist, die nicht starben oder im Knast sitzen: Lehrer, ProfessorInnen oder Kneipenbesitzer. In neuen sozialen Bewegungen seien sie "nur noch am Rande aktiv" räsoniert er. Also alles wie hier.

Nachzutragen bleibt allerdings nur, worüber die beiden Kämpfer für individuelle Freiheit und gegen staatliche Repression lieber schweigen: ihre Stasi-Verstrickung nämlich. Denn bei dem Verein hatten die beide Herren zwischenzeitlich auch einmal angedockt, wenngleich zu unterschiedlichen Zeiten und zu unterschiedlichen Bedingungen.

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