die wahrheit: Dr. Noro

Jetzt weiß ich, wie sich James Bond fühlt, als er in die Fänge von Dr. No gerät. Auf der einsamen Insel des Bösen gefangen, erklärt ihm der perfide Doktor genüsslich, welch gemeine Tötungsarten er sich für 007 ausgedacht hat.

Doch bevor es losgeht, befiehlt Dr. No seinen Schergen mit einem leicht ironischen Unterton: "Frischt ihn etwas auf, ich bin noch nicht mit ihm fertig." Woraufhin die Übelmänner Bond ein paar sehr harte Schläge in den Magen verpassen.

Genauso erging es mir auch, nur dass mein Dr. No nicht Dr. No hieß, sondern Dr. Noro. Mich hatte der Noro-Virus erwischt - und selbstverständlich nicht zu Hause, sondern irgendwo unterwegs in der Provinz. Zwei Tage verbrachte ich kackend und kotzend auf einem fremden Klo. Irgendwann standen dann drei Frauen vor mir, die mich mit einem sehr eigenen Hausmittel auffrischen wollten, einer geschälten Knoblauchzehe, die ich mir hinten hinein schieben sollte. Das würde todsicher helfen, behaupteten die selbst ernannten Heilerinnen. Ich weigerte mich beharrlich, am Arsch der Welt mit Knoblauch im Arsch festzusitzen. Später erklärte mir ein Arzt, dass das Zehe-von-hinten-Mittel völliger Humbug sei. So etwas könne allenfalls bei einem bakteriellen Infekt wirken, aber nicht bei einem aggressiven Virus wie Noro, der zurzeit die gesamte Menschheit zu terrorisieren scheint. Vielleicht sollte ihn mal jemand wie Dr. No behandeln, der am Ende des Films in kochendem Reaktorwasser atomisiert wird.

Schuld an meiner misslichen Lage war ein runder Geburtstag. Schon bei dem Wort "runder Geburtstag" krampft sich inzwischen mein Magen zusammen. Kann es sein, dass es immer mehr von ihnen gibt? Runde Geburtstage sind der Brechdurchfall des Lebens. Denn als Höhepunkt eines anständigen deutschen runden Geburtstags werden Sketche aufgeführt.

Wochenlang haben sich zuvor Freunde des Jubilars heimlich getroffen, um sein Leben in Verse zu schmieden und einen Sketch einzustudieren. Drei Darbietungen sind besonders beliebt: Beim Dosen-Sketch wird dem Geehrten mit jeder Strophe eine Dosensuppe überreicht. Allerdings wird jedes Mal das Etikett abgerissen, so dass die Doseninhalte später unbekannt sind. Rasend komisch!

Beim Hexen-Sketch wird mit jeder Strophe ein neues Getränk in eine Schüssel geschüttet, so dass zum Schluss ein gruseliges Gebräu aus allerlei Alkoholika angerichtet ist, das der Gefeierte mit gequälter Miene zu sich nehmen muss. Ein Riesenscherz!

Favorit aber ist der frivole TÜV-Sketch. Das Geburtstagsopfer muss sich auf einen Stuhl stellen, bekommt ein Autokennzeichen mit seinen Initialen und seinem Lebensjahr umgehängt, während zwei "Prüfer" seine Abgaswerte oder - zwinker, zwinker - "das Stehvermögen des Kolbens" begutachten. Ein absoluter Brüller! Einmal war der TÜV-Sketch sogar tatsächlich komisch. Da hatten sich die Geburtstagsgäste nicht abgesprochen. Gleich zwei Gruppen wollten den Sketch aufführen und stritten sich, wer nun zum Zuge käme. Schließlich verzichteten beide beleidigt. Womöglich ist das auch das ultimative Mittel gegen den teuflischen Virus: Es braucht zwei Noros! Dann fressen sie sich gegenseitig auf.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.