Teilprivatisierung der Deutschen Bahn : Mehdorn macht Dampf

Beim Bahn-Verkauf drückt Konzernchef Mehdorn aufs Tempo. Eine Entscheidung soll im Frühjahr fallen. Kritiker befürchten eine Umgehung des Bundestages.

Hut ab vor der Bevölkerung: Sie favorisiert eine bundeseigene Bahn. Bild: ap

Bei der Privatisierung der Deutschen Bahn AG drückt der Vorstand des Unternehmens offenbar aufs Tempo; schon im Oktober dieses Jahres sollen Teile der Bahn an die Börse gebracht werden. Entsprechende Pläne haben Bahn-Chef Hartmut Mehdorn und Bahn-Finanzvorstand Diethelm Sack am vergangenen Freitag dem Aufsichtsratspräsidium des bundeseigenen Verkehrskonzerns vorgelegt. Die Bahngewerkschaft Transnet, deren Vorsitzender Norbert Hansen an der Präsidiumssitzung teilnahm, hält den Zeitplan allerdings für zu ehrgeizig und stellt Bedingungen für eine Zustimmung. Die Bahn lehnt einen Kommentar zu den Plänen ab.

Nachdem die Privatisierung des gesamten Konzerns am Widerstand der SPD gescheitert war, setzt Bahn-Chef Mehdorn nun auf sein so genanntes Holdingmodell. Demnach sollen das Schienennetz und die Konzernmutter im Bundesbesitz bleiben, der Transportbereich jedoch zu 49 Prozent verkauft werden. Potenzielle Investoren sollen sich die Zahlen des Konzerns schon mal in einem so genannten Datenraum anschauen können.

Die Bahngewerkschaft Transnet - die schon das ursprüngliche Privatisierungsmodell unterstützte, um den konzerninternen Arbeitsmarkt zu erhalten - würde sich auch diesmal auf Mehdorns Pläne einlassen. Allerdings fürchtet Transnet eine Zerschlagung des Konzerns; dieser möchte Transnet einen Riegel durch eine Satzungsänderung vorschieben. Demnach soll eine Aufteilung des Konzerns nur möglich sein, wenn die Aufsichtsräte mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen. Da die Arbeitnehmervertreter die Hälfte der Aufsichtsratsmandate besetzen, hätten sie de facto ein Veto-Recht. Kritiker halten diese Variante allerdings nicht für sicher, da Satzungsänderungen wieder rückgängig gemacht werden könnten.

Zünglein an der Waage bei den Privatisierungsplänen wird allerdings die SPD sein. Nach heftigen Debatten hatten sich die Sozialdemokraten auf ihrem Parteitag im Herbst vergangenen Jahres auf das sogenannte Volksaktienmodell geeinigt, das jedoch von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) abgelehnt wird. Anfang März soll nun der SPD-Parteirat über das weitere Vorgehen entscheiden. Bis dahin sollen auch Prüfungen beider Modelle - Volksaktie und Holding - vorliegen. Entschiede sich die SPD für das Holdingmodell, das eigentlich dem Parteitagsbeschluss widerspricht, könnte der Bahn-Aufsichtsrat noch im März die Weichen für die Holding-Privatisierung stellen. Mehdorn möchte noch im Frühjahr Fakten schaffen, da sonst das Thema eine Rolle im Bundestagswahlkampf 2009 spielen könnte - und sich die Parteien genötigt sehen könnten, die privatisierungskritische Stimmung in der Bevölkerung ernst zu nehmen.

Darauf jedenfalls setzen die Privatisierungsgegner des Bündnisses "Bahn für Alle". "Wir brauchen eine breite Diskussion über die Zukunft der Bahn", sagt Bündnissprecher Stefan Diefenbach-Trommer. Deshalb sei es ein Erfolg, wenn es vor dem Bundestagswahlkampf keine Festlegung auf die Privatisierung gebe. Mit öffentlichen Aktionen werde das Bündnis "die fatalen Folgen des Holding-Modells erklären und Alternativen für eine Bürgerbahn präsentieren".

Auch die Grünen kritisieren das Vorgehen bei der Bahnprivatisierung. "Einen Börsengang der DB AG ohne Einbeziehung des Parlaments und ohne Gesetzgebungsverfahren darf es nicht geben", fordert der Grünen-Bahn-Experte Winfried Herrmann. Nun werde ein Modell vorangetrieben, das weder mehr Verkehr auf die Schiene noch eine Entlastung des Bundeshaushaltes bringe.

Skeptisch gegenüber dem Holding-Modell ist auch der linke SPD-Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer. Er hält die These, das Holding-Modell sei ohne Beteiligung des Parlaments umsetzbar, für gewagt. Ob der Bundestag beteiligt werden müsse, bedürfe einer umfangreichen rechtlichen Prüfung.

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