Familienportrait: Jagd nach dem Teppich
Die iranische Regisseurin Manijeh Hekmat porträtiert mit "3 Frauen" drei Generationen aus Teheran. Die Alten sind verwirrt, die Mittleren geschäftig, die Jungen brechen aus.
Minoo steuert einen lilafarbenen Nissan-Patrol durch die City von Teheran. Der Straßenverkehr ist zäh und dicht, die Architektur der mehrgeschossigen Bauten modern und sachlich. Licht und Farben sind klar und flirrend, was an der Höhe liegt. Die Hauptstadt des Irans liegt am Fuße eines mächtigen Bergmassivs, des Elburs-Gebirges, auf durchschnittlich 1.200 Metern Höhe.
Der Generationen-Spielfilm "3 Frauen" zeigt in exemplarischen Stadt- und Landaufnahmen die Vielschichtigkeit des Irans. Im Norden Teherans führen fünf- bis sechsspurige Promenaden stadtauswärts hin zu dem großartigen Panorama des schneebedeckten Elburs. Das Bild der Regisseurin Manije Hekmat von Teheran ist das einer hektischen, aber wohlgeordneten Großstadt. Die Fahrten durchs Land gleichen hingegen einer archaisch-romantischen Reise: Ziegen, Lehmhütten und freundliche, aber rückständige Menschen, die Selbstjustiz praktizieren.
Die Städterin Minoo hat Stress. Als Expertin für das große staatliche Teppich-Museum ist sie im Nissan-Geländewagen auf der Fahrt in den Basar. Das Museum ist zahlungsunfähig, und ein Händler will einen alten wertvollen Teppich verhökern. Minoo handelt auf eigene Faust - für die Sicherung des nationalen iranischen Kulturguts riskiert sie ihren Job. Ihre männlichen Vorgesetzten sind höflich, aber Schlafmützen. Auf der Jagd nach dem Teppich wird sie von ihrer stummen Mutter im Nissan begleitet. Minoo rettet den Teppich, doch dann gehen Mutter und Teppich im Teheraner Gewirr verloren. Die Mutter leidet offenbar an Alzheimer, und der alte Teppich erinnert sie an ein Ereignis ihrer Jugend. Die Verwirrte setzt sich mit dem Teppich ab. Die Kamera begleitet sie auf ihrer melancholischen Busreise in die Vergangenheit und durch die karge, schöne iranische Provinz.
Minoo in Teheran hingegen ist verzweifelt. Mutter und Teppich sind weg, und seit dem Morgen erreicht sie zudem ihre Tochter Pegah nicht mehr. Minoo weiß nicht, dass Pegah gerade ihr kokett auf dem Haarschopf sitzendes rosafarbenes Kopftuch in einem weißen Peugeot 206 durch die an Teheran grenzende Bergregion spazieren fährt. Pegah, eine junge Städterin auf Selbstfindungstrip. Mit ihrer digitalen japanischen Spiegelreflexkamera ist sie der Millionenstadt entflohen und hat an der Mautstation der Autobahnausfahrt ihr Mobiltelefon im Papierkorb versenkt. Die Aufnahmen ihres weißen Autos kontrastieren sehr schön mit der hellen Wintersonne vor den Grau- und Brauntönen des wüstenartigen Terrains.
Bei Pegahs Fahrt durch die Einöde gewinnt der Film der Regisseurin Manijeh Hekmat leichte Roadmovie-Qualitäten. Pegah hört einen etwas schwermütigen iranischen Song. Sie nimmt einen neunmalklugen Anhalter mit, einen netten Typen, der mit anderen studentischen Freaks auf dem Land freiwillig an Ausgrabungen teilnimmt. Die Rettung des nationalen Kulturguts zieht sich als ein Faden durch den Film.
Wie die meisten in Europa gezeigten iranischen Filme ist auch "3 Frauen" in jeder Hinsicht professionell. Exzellente Schauspieler, Sinn für Farben und Bilder, Verzicht auf sinnfreie Action und humorvolle, ruhige Szenen statt moralisierenden, ideologischen Geplappers. Dass selbstbewusste Frauen in den Hauptrollen an sich schon ein Statement sind, braucht man nicht weiter auszuwalzen. Etwas altbacken erscheint jedoch Hekmats filmische und kulturkonservative Botschaft der Rückbesinnung auf alte Werte - symbolisch in dem Film die Auseinandersetzung um das museale Teppichstück -, mit der die Regisseurin den Kampf um die künftige Gesellschaft positiv beeinflussen will.
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