SPD-Rechter Kahrs über Hamburg-Wahl: "Durch Beck drei Prozent verloren"

Der konservative SPD-Flügel hält den von oben dekreditierten Kurswechsel für falsch. Das kurzfristige Spiel um Macht kostet Glaubwürdigkeit, meint ihr Sprecher Kahrs.

Johannes Kahrs: "Dürres Kommuniqué, während der Vorsitzende abwesend ist" Bild: SPD

taz: Herr Kahrs, die SPD ist auf Kurt Becks Kurs eingeschwenkt. Sie lässt den Landesverbänden freie Hand in der Zusammenarbeit mit der Linken. Wie erklären Sie das Ihren Wählern?

Johannes Kahrs: Ich halte das für einen Fehler. Das Ergebnis haben wir in Hamburg gesehen. Durch das Gewackel von Kurt Beck haben wir 3 Prozent verloren.

Sie bleiben bei Ihrer Position: Niemals mit der Linken?

Kurt Beck hat gesagt: Im Westen und zur Bundestagswahl 2009 nicht mit der Linken. Das halte ich nach wie vor für richtig.

Zumindest erstere Position ist nun aber von vorgestern.

Für mich gilt sie noch heute.

Andrea Ypsilanti könnte sich in Hessen nun mit den Stimmen der Linken wählen lassen. Wie fänden Sie das?

Das wäre ein Fehler. Wenn man zu einer Kurskorrektur kommen will, muss man dies der Partei und den Wählern erklären. Was nicht geht, ist, dass der Parteivorstand ein dürres Kommuniqué abgibt, während der Vorsitzende abwesend ist.

Der Beschluss der Parteispitze vom Montag ist also falsch?

Er ist dreiviertel richtig. Dort wird begründet, warum es mit der Linken im Bund weiter nicht geht: Die Außen- und Wirtschaftspolitik sind inakzeptabel. Und die Mitgliederstruktur mit DKP-Mitgliedern in den eigenen Reihen machen eine Regierungsarbeit unmöglich. Das sollte aber auch für die Landesebene gelten.

Sie wurden mit den Worten zitiert: Ypsilanti könne sich von der Linken wählen lassen, um Roland Koch abzuwählen -und danach Neuwahlen ansetzen. So viel Zusammenarbeit wäre für Sie in Ordnung?

Der Vorschlag stammt nicht von mir. Da wurde ich falsch zitiert. Ich halte das aber auch für einen falschen Weg. Natürlich würde ich gerne Roland Koch abwählen. Aber mit den Stimmen der Linken ist das nicht vermittelbar. Damit geben wir die Glaubwürdigkeit auf Bundesebene auf.

Was bleibt dann als Option?

Eine Ampel. Aber ich bin nicht derjenige, der Koalitionsempfehlungen ausspricht.

Die Union und die Grünen kuscheln in Hamburg miteinander. Muss sich die SPD nicht auch allein deshalb zur Linken öffnen, um wie die Union ihre Machtoptionen zu erweitern?

In der Politik geht es nicht um Mehrheiten um jeden Preis, sondern um Inhalte und Grundüberzeugungen. Die CDU sollte an diesem Punkt beschämt schweigen. Dass die CDU in Hamburg sich 2001 mit den Stimmen der Rechtspopulisten um Ronald Schill hat wählen lassen, finde ich bis heute skandalös.

Was bleibt der SPD denn sonst für die Zukunft: Die Rolle als Juniorpartner der Union?

Wir werden auf lange Sicht wieder eine rot-grüne Regierung hinbekommen.

Im Bund, in Hamburg und in Hessen ist man davon meilenweit entfernt.

Dann muss man für seine Mehrheiten eben kämpfen. Wir müssen langfristig die Wähler der Linkspartei überzeugen, dass die SPD für sie die bessere Alternative ist. Da nützt es nichts, wenn wir sie wegen kurzfristiger Erwägungen aufwerten.

INTERVIEW: WOLF SCHMIDT

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