Kommentar Gazprom: Warten auf den nächsten Gasstreit

Im Streit mit den Nachbarn Russlands geht es Gazprom ganz banal auch um Profit. Im Westen sollten nun der Erkenntnis, vom russischen Gas abhängig zu sein, auch Taten folgen.

Kennen wir das nicht schon? Der russische Monopolist Gazprom drosselt die Gaslieferungen an die Ukraine wegen ausstehender Zahlungen, es folgt ein Austausch von Unhöflichkeiten, schließlich wird der Streit beigelegt. Schon 2006 und 2007 zeigte Moskau erst Kiew und dann Minsk die Gelbe Karte. Einige Experten deuten das als Versuch des Energieriesen, das - nach Lesart des Kremls - "nahe Ausland" politisch unter Druck zu setzen.

Zweifellos: Der aus einem Ministerium hervorgegangene Gigant Gazprom ist ein Staat im Staate. Und der Einfluss des kremlnahen Unternehmens dürfte sich unter dem ehemaligen Gazprom-Aufsichtsratsvorsitzenden und neuen russischen Präsidenten Dmitri Medwedjew kaum verringern. Und es ist wohl auch kein Zufall, dass der neuerliche "Gaskrieg" vier Wochen vor dem Nato-Gipfel in Brüssel ausbricht, auf dem auch über die Aufnahme der Ukraine in den Aktionsplan zur Mitgliedschaft beraten werden soll.

Den Einsatz von wirtschaftlicher Macht jedoch rein auf die Durchsetzung politischer Ziele zu reduzieren, greift zu kurz. Vielmehr geht es auch für Gazprom ganz banal vor allem um eines: Profit.

Der ist aber bislang auf dem einheimischen Markt wegen künstlich niedrig gehaltener Preise nicht zu machen. Folgerichtig muss Gazprom daran gelegen sein, sich Westeuropa weiter als sicherer Energielieferant zu präsentieren - sei es durch alternative Transportrouten wie das Pipelineprojekt Nord Stream oder den Zugriff auf die Transitnetze der aufmüpfigen Nachbarn.

Im Westen geht derweil - wieder einmal - die Angst um, bald in kalten Wohnzimmern zu sitzen. Nicht, dass die Abhängigkeit von Russland und die daraus resultierenden Gefahren für Europa dort nicht verstanden würden. Nur gefolgt ist daraus bislang nichts - abgesehen von einigen ergebnislosen Debatten über Möglichkeiten zur Energiediversifizierung. Anstatt eines gemeinsamen Konzeptes machen Unternehmen einzelner Staaten lieber gute Geschäfte mit Gazprom. Es ist an der Zeit, endlich aufzuwachen. Denn der nächste Gaskrieg kommt bestimmt. BARBARA OERTEL

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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