Leichtathletik-Hallen-Weltmeisterschaften: Schuften für den Sieg

Ariane Friedrich hat mehrfach zwei Meter überwunden. Die Hochspringerin ist reif für eine Medaille bei der Hallen-WM in Valencia.

Gold für Ariane Friedrich in Valencia? 2,01 Meter, schafft sie locker. Bild: dpa

FRANKFURT/M. taz Viele Medaillenkandidaten hat der Deutsche Leichtathletik-Verband ja nicht am Start bei den Hallen-Weltmeisterschaften in Valencia. Seit einigen Wochen nun gibt es eine neue Vorzeigeathletin: Ariane Friedrich, 24, Hochspringerin, unlängst über 2,02 Meter gefloppt und damit in der Weltjahresbestenliste auf Rang zwei geführt. Höher ist in diesem Winter nur Weltmeisterin Blanka Vlasic aus Kroatien gesprungen (2,05).

Ältere Zeitgenossen werden sich erinnern: Rosemarie Ackermann übersprang als erste Frau zwei Meter (1977), Ulrike Meyfarth war 1972 und 1984 Olympiasiegerin, Heike Henkel gewann 1992 olympisches Gold. Anschließend wurde es recht ruhig um deutsche Hochspringerinnen. Nun aber ist Ariane Friedrich auf dem Sprung. Zwischen 1,96 und 2,02 Meter ist sie in dieser Saison gesprungen, also stets auf Weltklasseniveau. Autogrammkarten hat sie erst seit kurzem. Sie muss auf einmal Fanpost beantworten und große Pressekonferenzen durchstehen. Manchmal hat sie das Gefühl, "immer dasselbe" zu erzählen: wie sie das Lehramtsstudium schmiss, dann Halt gefunden hat in der Sportfördergruppe der hessischen Polizei; dass sie jetzt meistens der geliebten Schokotorte entsagt und abends um 22.30 Uhr die Lichter ausschaltet. Nach ihrem Titel bei den deutschen Hallenmeisterschaften (2,01) sagte sie: "Ich lebe wie meine Großeltern." Dabei entbehrt es nicht einer gewissen Pikanterie, dass eine Athletin aus dem B-Kader zur dominierenden Persönlichkeit der deutschen Frauen-Leichtathletik geworden ist.

Das Potenzial der U20-Europameisterin (2003) war bekannt, und irgendwann im vergangenen Herbst hat es klick gemacht. Aus der unbestimmten Hoffnung, mehr zu können, als nur dabei zu sein, wurde Gewissheit. "Wir waren über die all die Jahre zu bequem geworden", sagt ihr Trainer Günter Eisinger. Also wurde in der Saisonvorbereitung so oft wie möglich im Freien trainiert, auch bei Wind und Wetter. Ein Abhärtungsprogramm, auch psychisch. Integriert in den Übungsplan waren auch die ungeliebten Trainingsformen Treppensprünge und -läufe. Der einstmals flippige Teenager professionalisierte sich. Es ging um Hochsprung, nur noch um Hochsprung. "Und abends bin ich froh, wenn ich auf der Couch die Füße hochlegen kann", sagt Friedrich.

Seit 2003 arbeiten Friedrich und Eisinger zusammen, unkompliziert gewesen ist diese Beziehung selten. Aus Nordhausen in Thüringen, vom Klub TV Hessisch Lichtenau, wechselte der talentierte Teenager in die Mainmetropole zur LG Eintracht Frankfurt, und es hat gedauert, bis sich eine gewisse Ernsthaftigkeit bei ihr einstellte. Eisinger hat bisweilen reichlich gelitten unter der Sprunghaftigkeit seiner Athletin, vor zwei Jahren, bei den nationalen Meisterschaften in Ulm, warf er ihr vor, den Titel verschenkt, ihr Privatleben nicht im Griff zu haben. Jetzt scheint die Sturm-und-Drang-Phase von Friedrich vorüber zu sein. Jetzt will sie nach Peking zu den Olympischen Spielen.

Schwierig geblieben ist das Verhältnis von Eisinger zum DLV. Der leitende Bundestrainer Jürgen Mallow hatte unlängst in Sindelfingen mitgeteilt, die geforderte Olympianorm (1,95 m) müsse im Freien erbracht werden. Hallenleistungen hätten keine Gültigkeit. Friedrich fand diese unnötig aufgebaute Drucksituation ganz spontan einfach nur "doof". Eisinger war wenig amüsiert, hatte er sich doch erst im vergangenen Sommer mit dem DLV gestritten, weil sich der Verband dem geplanten Doppelstart von Friedrich bei den Studenten-Weltspielen in Bangkok und anschließend bei der WM in Japan verweigerte. Die Hochspringerin entschied sich für Bangkok und gegen die WM.

Eisinger, ein 57-jähriger Gymnasiallehrer aus Friedberg, hat viele Athleten kommen und gehen sehen. Schon 1979 war er Trainer von Gerd Nagel, der damals über 2,30 Meter sprang, später Manager von Heike Henkel. Für ihn bedeutet der frische Ruhm von Ariane Friedrich eine Art Comeback. "Das zeigt mir, dass ich noch nicht zum alten Eisen gehöre."

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