taz_akt_852195184191

die wahrheit: Eine Sause mit Gundula Gause

Seit Wochen schon wird das Ereignis des Jahres publizistisch vorbereitet. Die Medien präsentieren fein gezeichnete Porträts der deutschen Bildschirmdame Nummer eins, ...

Seit Wochen schon wird das Ereignis des Jahres publizistisch vorbereitet. Die Medien präsentieren fein gezeichnete Porträts der deutschen Bildschirmdame Nummer eins, und die Gefeierte selbst gibt in ausgiebigen Interviews tiefe Einblicke in ihre faszinierend facettenreiche Persönlichkeit. Am morgigen Samstag ist es endlich so weit. Eines der wichtigsten Jubiläen unserer Zeit wird begangen: Die Nachrichtensprecherin Gundula Gause ist 15 Jahre beim "heute-journal". Unfassbare anderthalb Jahrzehnte bereits arbeitet die große Gause für die herrliche ZDF-Sendung. Was aber wäre, so fragen wir uns zu diesem hohen Anlass, wenn Gundula Gause eine interessante und aufregende Frau wäre?

Was wäre, wenn Gundula Gause abends mit einem gut gefüllten Weinglas in der Hand vor das Publikum träte und mit ihrer verblüffend samtenen Stimme erklärte: "Alles, was ich immer für euch sein werde, ist eine Dunkelheit, die wir alle kennen";

wenn Gundula Gause ihr langes, lockiges, schwarzes Haar hochgesteckt trüge, sodass ihr pfeilbreiter Lidschatten die dunklen Kastanienaugen in ihrem nymphenrunden Gesicht betonte;

wenn Gundula Gause ein keckes, kleines Piercing direkt über den geschwungenen Lippen trüge, sodass jedem Mann, der sie ansähe, augenblicklich der Verstand geraubt würde;

wenn Gundula Gause auf ihren Stilettos durch den Raum schwebte, wie nur ein weibliches Wesen schweben kann;

wenn Gundula Gause einem Mann zuliebe all ihre Würde auf dem schwarz-weißen Marmormosaik eines Küchenbodens liegen ließe;

wenn Gundula Gause nie ohne ihre lebensnotwendige Schachtel Kippen anzutreffen wäre, die ihrer Stimme erst den rauchigen Hintergrund gäbe;

wenn Gundula Gause eine Sause durchziehen würde, an deren Ende man gemeinsam mit ihr irgendwo am Arsch der Welt, also in Norwegen, verhaftet würde, um dort eine Nacht in einer Polizeizelle zu verbringen;

wenn Gundula Gause mit jeder bitteren Träne, die trocknet, mehr Stolz gewänne;

wenn Gundula Gause an sich selbst verzweifelte und sich mit dem ihr sehr eigenen Witz fragte, warum sie sich nur immer mit verdammt dummen Männern selbst in den Kopf fickt;

wenn Gundula Gause sich von irgendeinem dahergelaufenen Kerl ihr Gras wegrauchen ließe und darüber auch noch Scherze machte;

wenn Gundula Gause jeder anderen Frau zu verstehen gäbe, dass sie für ihre einzige Liebe übers Wasser gehen würde;

wenn Gundula Gause in ihrer schlampenhaften Schönheit einem italienischen Motorrad gliche, mit dem man zwar gern ein paar Runden drehen würde, aber das man sicher kein Leben lang behalten wollte;

wenn Gundula Gause für alle, die das ganz und gar Unerklärliche ihres Wesens mit lächerlichen Boulevardbildern definieren wollen, nur die Verachtung einer Dame übrig hätte;

wenn also Gundula Gause ein dunkles und verlockendes Geheimnis hätte?

Dann, ja dann wäre Gundula Gause nicht Gundula Gause und auch nicht Nachrichtensprecherin beim ZDF, sondern tatsächlich eine interessante und aufregende Frau.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen

.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.