Kommentar Hessen: Jamaika bleibt in Hessen Illusion

So verlockend eine Jamaica-Koalition für viele in der Union klingt - es wird nicht klappen. Denn wenn es ernst wird, ist bei der Hessen-CDU Schluss mit nett.

Versucht Roland Koch, sich im Moment politisch neu zu erfinden? Oder will er nur aus taktischen Gründen sein Image aufpolieren? Diese Frage bewegt derzeit die hessischen Grünen, auch wenn sie nach außen cool tun. Denn es sind schlicht die Verhältnisse selbst, die zwingen, zu prüfen, was vor Monaten noch undenkbar war. In Hessen herrscht - allen gut gemeinten Aufrufen zur Kooperation zum Trotz - eine politische Blockade, aus der es nur zwei Auswege geben wird: Neuwahlen - oder eine Regierung mit einer parlamentarischen Mehrheit.

Koch versucht, die Grünen in eine schwarz-gelb-grüne Regierung zu loben, indem er verspricht, Hessen zum Ökomodell zu machen. Vergessen die Zeiten, als die CDU die Grünen für linke Spinner hielt - flugs sind sie zu einer passablen Partei gereift, mit der die CDU angeblich viele Werte teilt. Nur seltsam, wie die Koch-CDU diesen reichen Fundus an politischen Gemeinsamkeiten jahrelang übersehen konnte.

Mehr als Schwarz-Grün in Hamburg würde eine Jamaika-Koalition in Hessen die politische Fantasien weit über das Bundesland hinaus beflügeln. Denn Hamburg ist ein Stadtstaat, in dem zudem eine recht liberale CDU regiert. Hessen hingegen ist ein Flächenstaat und traditionell Heimat des Stahlhelmflügels der CDU. Wenn es hier eine schwarz-grüne Annäherung gäbe, dann wäre sehr viel möglich - auch im Bund. Es wäre das Symbol, dass die politischen und kulturellen Grenzen zwischen Schwarz und Grün eingerissen wären.

So verlockend dieses Szenario für viele in der Union klingt - es wird nicht klappen. Denn wenn es ernst wird, ist bei der Hessen-CDU Schluss mit nett. So hat die rot-rot-grüne Mehrheit im Wiesbadener Parlament beschlossen, Flüchtlinge aus Afghanistan nicht mehr abzuschieben. Prompt weigert sich die CDU-Regierung, diesen Beschluss umzusetzen. Kochs Versprechen, dem Parlament Respekt zu zollen, hat keinen Tag gehalten.

Grüne, die insgeheim doch mal an Jamaika dachten, müsste das eines Besseren belehren. In Hamburg hat sich Schwarz-Grün kürzlich auf einen Abschiebestopp für Afghanen geeinigt. Die Charmeoffensive von Roland Koch dagegen ist ein rein taktisches Manöver. STEFAN REINECKE

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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