Machterhalt in Russland: Einstimmig für Parteichef Putin

Russlands scheidender Präsident wird nicht nur Regierungschef, sondern auch Vorsitzender von Partei "Einiges Russland". Eine "logische Entscheidung", findet sein Nachfolger Medwedjew.

Der graue Herr der russischen Politik soll die größte Partei des Landes führen. Bild: rtr

MOSKAU taz Wladimir Putin gibt zwar sein Amt als Staatspräsident auf, aber er wird der russischen Politik erhalten bleiben: als Ministerpräsident - und als Parteivorsitzender. Am Dienstag wählte der 9. Kongress der Partei Vereinigtes Russland den scheidenden Präsidenten zum neuen Vorsitzenden. Einstimmig sprachen sich die 577 Delegierten der Kremlpartei im Moskauer Veranstaltungssaal Gostiny Dwor für den einzigen Kandidaten aus. Der bedankte sich bei Delegierten für seine Wahl: "Ich nehme das Angebot der Partei an", sagte ein etwas verbissen wirkender Putin mit kämpferischer Stimme. Er sei dazu bereit, die zusätzliche Verantwortung zu übernehmen und die Partei zu führen.

Zudem bekräftigte Putin seine Absicht, sich nach der Amtseinführung des neuen Staatspräsidenten Dmitrij Medwedjew am 7. Mai der Wahl zum Ministerpräsidenten zu stellen. Da die Kremlpartei im Parlament über eine komfortable Zweidrittelmehrheit verfügt, steht Putin bereits als neuer Ministerpräsident fest.

Auch wenn er es lange offen gelassen hatte, ob er den Parteivorsitz tatsächlich übernehmen würde, bekleidete Putin die Führungsrolle faktisch spätestens seit vergangenem Herbst, als er sich zum Spitzenkandidaten der Partei Vereinigtes Russland für die Parlamentswahlen Anfang Dezember aufstellen ließ.

Die Partei ist wegen der allgemeinen Reserviertheit gegenüber politischen Parteien, aber auch wegen ihres Charakters als Staatspartei in der Bevölkerung nicht besonders beliebt. Dass sie dennoch ein glänzendes Ergebnis erzielen konnte, verdankt sie einzig und allein der unangefochtenen Popularität des "nationalen Führers" Wladimir Putin. Der begegnete der Partei bisweilen distanziert. Die Zurückhaltung zeigt sich auch darin, dass sich Putin am Dienstag zwar zum Vorsitzenden wählen ließ, der Partei aber nicht beitrat.

Der gesamte Kongress, der nach außen hin als visionärer Zukunftsparteitag getarnt war, diente daher nur dem Ziel, Veränderungen im Parteistatut vorzunehmen. So musste das Amt des Parteivorsitzenden, der über dem obersten Parteirat steht, neu geschaffen und die Wahl eines Parteilosen zum Vorsitzenden erst zugelassen werden. Das Tagesgeschäft wird der Parlamentsvorsitzende Boris Gryslow führen, während Putin die Rolle eines Leitwolfs übernehmen wird. "Medwedew wird Chef des Staates und der Russischen Föderation, aber der politische Führer des Landes bleibt Putin", sagte der Abgeordnete und Delegierte Sergej Markow. Putins Bedeutung als führender Politiker des Landes werde durch das Amt des Parteivorsitzenden noch verstärkt.

Auch der neue Staatspräsident Dmitrij Medwedjew nahm an dem Parteitag teil. Vor der Abstimmung nannte er die Nominierung Putins zum Parteivorsitzenden eine "logische Entscheidung", die die Bildung einer neuen Regierung im Parlament ermögliche. Medwedew bestätigte seine Absicht, nach seinem Amtsantritt Putin als Ministerpräsidenten vorzuschlagen. Der Form halber hatte Boris Gryslow zuvor auch dem angehenden Präsidenten das Angebot unterbreitet, dem Vereinigten Russland beizutreten. Auch wenn er der Partei ideologisch sehr nahe stehe, sei ein solcher Schritt aber "verfrüht", meinte Medwedjew. Als Präsident halte er es für richtiger, "außerhalb" politischer Parteien zu bleiben.

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