die wahrheit: Frauen und Äpfel und Nüsse

Es gibt Frauenthemen, und es gibt Männerthemen. Jetzt raten Sie mal, in welche Kategorie das Thema "Scheiße" fällt...

... Nein, das ist nichts für Frauen. Da reden sie nicht gern drüber, und hören wollen sie davon noch viel weniger. Wenn es dann aber doch mal sein muss, dann bitte in einer putzigen Sprache.

Zur Hochzeit der Frauen- und Männer-Kriege in den Achtzigerjahren geriet ich in eine Wohngemeinschaft, in der einige Männer und Frauen mehr oder weniger friedlich zusammenlebten. Erstmals entdeckte ich, dass Männer den erstaunlichen Drang besitzen, jedem, der es nicht wissen will, die Menge und Konsistenz ihres Stuhlgangs unter die Nase zu reiben. Die WG-Männer allerdings waren von den Frauen vorbildlich erzogen worden. Wenn die Männer morgens von der Toilette kamen, sagten sie freudestrahlend: "Ätsch Pi Lahfkraft!".

Ich verstand kein Wort und brauchte ein paar Tage, um dahinterzukommen, dass es sich um einen sehr speziellen Code handelte. H. P. Lovecraft hieß ein seinerzeit sehr populärer amerikanischer Horrorschriftsteller. Sein bekanntester Roman trug den Titel "Berge des Wahnsinns".

Wenn dann einmal in der Unterabteilung "Pups" ein Malheur passierte, stieß der Verursacher eilig ein entschuldigendes "Grönemeyer" aus. Ein anderer Mann antwortete sofort mit: "Maffay". Das ging auf den Song "Nackt im Wind" zurück, den eine aus deutschsprachigen Popsängern zusammengewürfelte "Band für Afrika" als deutschen Beitrag für das von Bob Geldorf 1984 ins Leben gerufene "Band Aid"-Konzert eingespielt hatte. Die Liedzeilen von Herbert Grönemeyer und Peter Maffay lauteten: "Nackt im Wind, / der brüllt und wütet. / Im Orkan der Menschen frisst. / Nackt im Wind, / der planlos tötet, / weil er weiß, dass man ihn / schnell vergisst." Manchmal, bei besonders saftigen Fleischfürzen, wurden die Verse auch angestimmt.

In ihrer Rolle als mahnende Ersatzmütter hoben dann die Frauen den sittlichen Zeigefinger. Ein besonders quengelnder Frauensatz verfolgt mich noch bis heute und wird wohl nie mehr aus meinem Gedächtnis verschwinden: "Das sammelt man - und bringt das dann aufs Klöööchen." So viel zum Wind, den man schnell vergisst.

Die Fronten im Männer-Frauen-Krieg verhärteten sich. Die Männer glaubten, dass die Frauen die Wohngemeinschaft in ein Umerziehungslager verwandeln wollten. Die Frauen behaupteten, dass die Männer immer mehr nach Iltis riechen würden. Wahrscheinlich hatten beide Parteien Recht. Der einzige Weg aus dem totalen Krieg war die Ironie. Das erkannten die Frauen, klug wie sie sind, als Erste. Und so wurden die Männermachenschaften bald mit einem wenig ernsthaften Lob kommentiert: "Es riecht nach Äpfeln und Nüssen."

Heutzutage liefern die Männer-Frauen-Kriege der Achtzigerjahre nur noch den Stoff für Kriegsgeschichten. Männer reden nicht mehr über ihre Innereien, und Frauen können alles. Auch über Scheiße schreiben und buchstäblich in selbiger wühlen. Das ist zwar ein schmutziger Job. Aber irgendjemand muss ihn schließlich machen. Zum Beispiel ein Kerl wie Charlotte Roche. Dann braucht Opa wenigstens nicht mehr vom Scheißkrieg zu erzählen.

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Jahrgang 1961, lebt in Berlin-Friedenau und ist seit dem Jahr 2000 Redakteur für die Wahrheit-Seite der taz.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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